Managergehälter: "Sündenfall, an den man lang denken wird"

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Dass Arbeitgeber Spitzenlöhne nicht mehr voll von der Steuer absetzen können sollen, ist unter Experten umstritten. Doch wie sollte die von der Regierung versprochene Steuerreform aussehen? Ein Rechtspanorama an der WU.

Wien. WU-Professor Claus Staringer erinnert sich noch genau an die Zeit, als er einst an der Universität begonnen hat: „Damals war der Spitzensteuersatz etwas für wirkliche Spitzenverdiener. Studenten haben davon geträumt, einmal dort hinzukommen. Dieser Traum wird nun für immer mehr Wirklichkeit.“

Aber nicht, weil es so leicht geworden ist, gut zu verdienen. Sondern, weil die „kalte Progression“ zuschlägt: Obwohl das Geld stetig an Wert verlor, blieben die Grenzen für die Steuersätze seit vielen Jahren gleich. „Durch die kalte Progression ist die Steuerbelastung im internationalen Vergleich sehr hoch“, meinte beim letztwöchigen „Rechtspanorama an der WU“ auch Jürgen Reiner, Präsident der Vorarlberger Wirtschaftstreuhänder. Zudem sei die Staatsquote (Anteil der Staatsausgaben an der wirtschaftlichen Gesamtleistung einer Volkswirtschaft) zu hoch. Würde man diese reduzieren, könnte man eine Steuerreform finanzieren, meinte der Steuerberater. Bisher ist freilich seitens der neuen Regierung wenig von einer Steuerreform zu sehen. Nur einzelne Maßnahmen wurden verlautbart: So soll es höhere Steuern für Autos, Zigaretten und Tabak geben. Für Unternehmen werden Gruppenbesteuerung und Gewinnfreibetrag begrenzt.

Dass die Diskussion unter dem Titel „Die versäumte Steuerreform“ stand, war für Gunter Mayr, Chef der Sektion Steuerpolitik und Steuerrecht im Finanzministerium, unverständlich. „Was soll hier versäumt worden sein? Die Regierung ist ja gerade erst ins Amt gekommen“, erklärte er. Das Regierungsprogramm sehe explizit eine Steuerstrukturreform vor, Details dafür werde eine Arbeitsgruppe finden. Und was die kalte Progression betreffe, so könne diese ja auch zugunsten des Bürgers greifen. Etwa bei der motorbezogenen Versicherungssteuer, bei der man nun aber mit einer gestaffelten Erhöhung die Inflation teilweise nachhole.

Skepsis bei Vermögensteuer

Für Eva Eberhartinger, Leiterin der Abteilung Betriebswirtschaftliche Steuerlehre der WU Wien, ist es „nicht ganz so überraschend“, dass es nun zu keiner großen Steuerreform gekommen ist. Die Regierung sei ja weitgehend die gleiche wie vorher und eine große Reform von ihr jetzt auch gar nicht intendiert gewesen.

Wie könnte eine künftige, große Steuerreform aussehen? „Es ist eine Frage der Rahmenbedingungen: Wenn man Steuerentlastungen macht, müssen Einsparungen umso größer sein“, meinte Christian Keuschnigg, Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS). Es wäre aber wichtig, bei der Einkommensteuer zu handeln, zumal Österreich „ein Hochsteuerland ist“. Von neuen Steuern hält Keuschnigg daher nichts, insbesondre nichts von einer Vermögensteuer. Denn lasse sich aus Vermögen kein Profit schlagen, dann werde die Vermögensteuer zur Substanzsteuer. Wenn schon, solle man eine Kapitalertragssteuer forcieren: „Diese greift stark zu, wenn Erträge da sind – und nicht, wenn keine Erträge da sind.“ Ähnlich argumentierte Eberhartinger: Die Frage, ob man eine Steuer in diese Richtung will, sei eine der politischen Wertung. „Aber jede Vermögensteuer muss aus einem laufenden Ertrag gezahlt werden, sonst ist sie eine Enteignung.“

Staringer betonte, wie schwer es sei, politisch über Steuern zu diskutieren. Denn ein Drittel der Bevölkerung zahle wegen des geringen Einkommens keine Steuern. Und sechs Prozent der Bevölkerung zahlen wiederum so viel, dass sie mehr Steuerleistung als der Rest bringen. Es werden also politisch Mehrheiten von jenen gebildet, die Steuern kaum betreffen: „Wir sind demokratiepolitisch in einer ausgesprochen gefährlichen Situation“, warnte Staringer. Man habe heute das Gegenteil vom einstigen Zensuswahlrecht (bei diesem war das Stimmengewicht bei der Wahl abhängig von der eigenen Steuerleistung). „Es gibt nur einen Ausweg: nämlich politische Verantwortung.“ Man müsse darauf achten „die Melkkuh nicht umzubringen“.

MwSt: Weniger Begünstigung?

Wobei höhere Steuern nicht unbedingt höhere Staatseinnahmen bedeuten müssen, meinte Reiner. „Die Schweiz hat eine Einkommensteuer in geringerer Höhe und trotzdem sieben Milliarden mehr an Einnahmen. Sie sind halt wesentlich ehrlicher als bei uns“, sagte Reiner. Sektionschef Mayr erklärte, dass ihm bei der Mehrwertsteuer aufgefallen sei, dass die Schweiz trotz des niedrigeren Steuersatzes von acht Prozent ein vergleichsweise viel höheres Steueraufkommen erziele. Aber „da spielt auch das Preisniveau hinein“, so Mayr. Und dieses sei nun einmal in der Schweiz deutlich höher. Mayr berichtete zudem von Studien aus Deutschland und der Schweiz, in denen die ermäßigten Mehrwertsteuersätze analysiert werden. Die Studien kommen zu dem Schluss, dass etwa für das Essen in Luxusrestaurants die ermäßigte Mehrwertsteuer schwer zu rechtfertigen sei.

Strittig war das Thema Gruppenbesteuerung: Während manche auf dem Podium die Befürchtung äußerten, dass mit den nun getroffenen Einschränkungen (Verluste ausländischer Gruppenmitglieder werden nur noch im Ausmaß von 75 Prozent der inländischen Gewinne berücksichtigt) der Damm bei dieser Begünstigung gebrochen sei, relativierte das Ministeriumsvertreter Mayr: Gerade die neuen „moderaten Maßnahmen“ sollten bei der Gruppenbesteuerung Ruhe einkehren lassen. Emotional wurde es bei dem Thema Absetzbarkeit von Managerbezügen. Die Regierung plant, dass Unternehmen Gehälter für hoch dotierte Mitarbeiter (mehr als 500.000 Euro Verdienst im Jahr) nicht mehr zur Gänze absetzen können.

„Ich halte das für einen Sündenfall, an den wir noch lange denken werden“, sagte Staringer. Zwar wären nur rund 1000 Personen davon betroffen. „Aber zum ersten Mal gibt es hier ein Abzugsverbot, das an die Höhe anknüpft. Die Botschaft, die hängen bleibt, lautet: Wer in dieser Supereinkommensklasse ist, ist ein Problem.“ Die Maßnahme betreffe aber nicht nur Manager, sondern alle, die so viel verdienen: „Würde Alaba in Österreich Fußball spielen, würde auch er darunter fallen.“

Klage gegen Neuregelung?

Mayr betonte: Nicht Alaba, sondern sein Verein müsste zahlen (spielte er in Österreich). Und auch wenn es nur um 1000 Personen gehe, wäre der budgetäre Effekt (60Millionen Euro) nicht zu vernachlässigen. Staringer hingegen rief betroffene Arbeitgeber auf, zum Verfassungsgerichtshof zu gehen, falls die Regierung ihren Plan umsetzen würde.

„PRESSE“-DISKUSSIONEN

Das „Rechtspanorama an der WU“ ist eine Diskussionsreihe, die von der WU Wien und der „Presse“ gemeinsam organisiert wird. Fachleute und Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Juristerei diskutieren dabei regelmäßig über aktuelle Rechtsthemen, die für die Wirtschaft relevant sind. Vorige Woche ging es um das aktuell geplante Abgabenänderungsgesetz 2014 und die von der Regierung in Aussicht gestellte größere Steuerreform.

Die nächsteDiskussion der Reihe „Rechtspanorama am Juridicum“ – diese ist eine Kooperation der Universität Wien und der „Presse“ – findet am 10. März statt. Sie wird sich mit dem Weisungsrecht des Justizministers gegenüber den Staatsanwälten beschäftigen: Soll es (modifiziert) beibehalten oder dem Ministerium abgenommen werden?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2014)

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