Parfumeur aus Passion: Hiram Green erprobt sein grünes Händchen.
Parfumeure, die einen traditionellen (also sich über viele Lehrjahre erstreckenden, viel Ausdauer und Einfallsreichtum erfordernden) Werdegang absolviert haben, reagieren meist ähnlich auf den Trend zu „grünen“, ausschließlich aus natürlichen Essenzen bestehenden Düften: Sie haben wenig übrig für das Ansinnen, die Entwicklung von unheimlich fortschrittlichen und überraschenden synthetischen Inhaltsstoffen seit Ende des 19. Jahrhunderts freiwillig ausblenden zu wollen. Quereinsteiger aber, die sozusagen unbelastet von allzu viel Vorwissen sind, gehen oft anders an eine Sache heran: So auch der parfumistische Autodidakt Hiram Green, der aufgrund einer besonders ausgeprägten Duftneigung beschossen hat, unter die Parfummischer zu gehen. Sein Wissen eignete sich Green, wie er bei einem Wien-Besuch erzählte, unter anderem durch die Lektüre historischer Traktate an. Begleitet wurde das Ganze von Experimenten mit verschiedenen Riechstoffen, die ihm zupass und in die Hände kamen. Seinen ersten Duft, „Moon Bloom“, widmete er nun schweren, tropischen Blüten: ein Parfum wie eine schwüle Nacht auf den Westindies oder in Ostasien, während der man verzweifelt auf einen Wolkenbruch wartet, der Linderung der drückenden Stimmung bedeuten würde. Dieser bleibt aber aus – und die einen gehen mit Kopfschmerzen zu Bett, während die anderen traumwandlerisch durch ein von üppigen Sträuchern gesäumtes Labyrinth im Garten wandern. So oder so eine recht bizarre Erfahrung.
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