Ungarn: Mit allen Heilwassern gewaschen

Höchst anspruchsvoll für Körper, Geist und Gaumen: das erschöpfend-heiße, schwefelige Heilwasser.
Höchst anspruchsvoll für Körper, Geist und Gaumen: das erschöpfend-heiße, schwefelige Heilwasser. Therme Bük (CSEPREGI Tibor)
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Bad Bük ist ein veritabler Kraftort für Knochen, Gaumen und Körpergefühl. Das Heilwasser prickelt, als bade man im Brausepulver, und beim kulinarischen Zehnkampf gibt's unter anderem Knoblauchspeck vom Mangalitza-Schwein.

Inge aus dem Allgäu hat es zum ersten Mal getan, Lisi und Peter aus Vorarlberg tun es zweimal pro Jahr – die Radlerrunde aus dem zweiten Wiener Gemeindebezirk ist mittlerweile zum Gewohnheitstäter mutiert. Sie alle stürzen sich mit Begeisterung in die gelbgrünen, giftig dampfenden Wasser von Bükfürdö.

Die während einer Bohrung nach Erdöl zufällig entdeckte Quelle sprudelt seit 1957 mit 58 Grad Celsius aus einer Tiefe von 1282 Metern nach oben, verströmt einen nahezu teuflischen Geruch nach Schwefel und enthält, Untersuchungen zufolge, einen einzigartigen Gehalt an Mineralien, nämlich exakt 15.201,58 Milligramm pro Liter. Allein der daraus resultierende „Duft“ treibt bestimmt schon Dutzende böse Geister aus, seine ganze Wirkung entfacht die höllische Suppe aber erst bei Körperkontakt.

Wirklich Hartgesottene nehmen das Heilwasser sogar glasweise zu sich, doch im Interesse intakter Magenschleimhäute ist ein Sprung ins Becken die weitaus angenehmere Alternative. Wobei die höllische Gesundheitssuppe ohnedies umgehend wirkt. Es prickelt, als wäre Brausepulver im Wasser. Oder als würde man ein Brennnesselfeld queren. Newcomer und Kreislaufschwächlinge verlieren beim ersten Tauchgang auch gern einmal ihre Standfestigkeit und verfallen in Schnappatmung, aber das sind nur die Nebenwirkungen der transdanubischen Hardcore-Wellness.

Die Wirkungen hingegen sind noch viel spektakulärer. Bereits nach wenigen Tagen laufen müde Wadln zur Bestform auf, das Knirschen und Knacken in den Gelenken geht zurück, manch einer fühlt sich sogar ein wenig wie Obelix nach dessen Sturz in den Kessel mit Zaubertrank. Voller Energie. Und die nutzt man am besten für eine kulinarische Tour de force mit Höhenrausch.

Gänseleber-Crème brulée

Frischluft macht Appetit, Thermalwasser zehrt und Bükfürdö ist keine Destination für Diäturlaub, denn die heimische Gastronomie hier verfügt über eine Artenvielfalt, die auf kein Tischtuch mehr passt. Allein der Bauernmarkt, der jeden Freitag für Pawlow'sche Reflexe sorgt, ist einen Besuch wert. Eine Kostprobe vom Ziegenkäse der Ibolya Szalai, geräuchert, mit Kümmel oder Preiselbeerrosinen, zählt hier ebenso zum kulinarischen Zehnkampf wie der Knoblauchspeck vom Mangalitza-Schwein, die legendäre Paprika-Salami oder die erfrischenden Obstsäfte. Besonders für den Lavendelsirup sollte man unbedingt einen zusätzlichen Halt einplanen.

Und danach per Rad oder auf Schusters Rappen ein paar Runden in der ausgedehnten Landschaft drehen, um nicht vor der Zeit ins Verdauungskoma zu fallen. Der Kneipp- und Nordic Walking Park mit dem Barfußweg und der Kristallturm-Abenteuerpark sorgen überdies für ein neues, recht ungewohntes Körpergefühl. Vor allem, wenn man sich – der Schwerkraft zum Trotz – auf den 17 Meter hohen Kletterturm wagt, über schwankende Balken balanciert und gänzlich nüchtern auf einem hängenden Weinfass herumtorkelt, laufen Gelenkigkeit und Gleichgewichtssinn zu Höchstleistungen auf. Und den Höhenrausch gibt's gratis dazu.

Dafür warten, hat man wieder festen Boden unter den Füßen, weitere körperliche Herausforderungen. Etwa ein Abendessen im Kes Pub Etterem, direkt neben dem idyllischen, privat geführten Hotel Piroska gelegen.

Dort werden einem derartig üppige Portionen an Grill- und Frittiergut auf den Tisch gehievt, dass man beinahe Bizeps benötigt, um die Keulen, Brüste, Kartoffeln und Koteletts auch nur einigermaßen zu stemmen. Aber die Mühe lohnt. Weniger deftig, aber ebenso köstlich, geht's hingegen im Restaurant Aurora zu, wo Kreationen wie Crème brulée mit Gänseleber oder frische Waldpilzvariationen selbst notorische Hungerkünstler und Kostverweigerer eines Besseren belehren.

Wellness mit Emu-Öl

Ganz zu schweigen von der beachtlichen Weinauswahl, die man in einem derart kleinen Ort nicht vermutet hätte. Zenit 2015 der Kellerei Figula aus Balatonfüred zur Gänseleber, Polgar Cabernet Sauvignon zu den Pilzen oder einen vom Aussterben bedrohten Furmint für den kleinen Durst zwischendurch, Szilárd Kerekes hat alles zur Hand. Und widerlegt mit seinen regional-innovativen Gerichten ein für alle Mal das Gerücht, dass in Ungarn nur mit Zwiebeln, Paprika und Gulaschkessel gekocht wird. Wobei das echte ungarische Gulasch ohnedies „Pörkölt“ heißt, Gulyas ist nur eine Suppe. Nicht minder gekonnt schwingt man aber auch in der Hotellerie das Küchenszepter. Im Piroska kann man sogar mit einem echten ayurvedischen Frühstück in den Tag starten, nachdem man das Morgengrauen erfolgreich mit Yoga im Lavendelgarten vertrieben hat, im Hotel Répce Gold dem Küchenchef Péter Bánzki auch gern mal über die Schulter schauen. Sein Liebstöckel-Pesto ist einen vertieften Blick allemal wert.

Sollte es nach mehrfachen Tauchgängen in den Gelenken immer noch nicht laufen wie geschmiert, dann ist es Zeit für eine supplementäre Wellness-Massage mit Emu-Öl. Wie immer das Zeug auch extrahiert wird, es wirkt. Beruhigt die Haut, zieht unmittelbar ein, fettet nicht und ist angeblich sogar sehr effizient im Kampf gegen Rheuma, Arthritis und Co. Wo sich der Rest vom Emu versteckt, konnte bislang aber nicht geklärt werden. Nur im Topf landen sie offensichtlich nicht. Und Gänseschmalz sieht definitiv anders aus.

SICH AALEN UND SCHLEMMEN IN UND UM BÜK

Essen, trinken & schlafen
Hotel Piroska ****
Kossuth u. 60
Tel: +36/94 558 200
https://hotelpiroska.hu/de

Bükfürdö Kur- und Erlebniszentrum
H-9740 Bük, Termál krt. 2/A.
www.bukfurdo.hu

Kes Pub
9737 Bük, Kossuth Lajos u. 70
Tel: +36/94 655 884
https://www.kespub.hu/

Restaurant Aurora
Bük, Rózsa utca1
Tel:+36/20 294 8430
www.aurora.co.hu

Ziegenkäse
Ibolya Szalai/Béla Balázs-Piri
Tölgy utca 1
H-9643 Jákfa
Mobil: +36/20 6292100
E-Mail: szalai_ibolya@freemail.hu

Kletter- und Abenteuerpark Kristallturm: 9737 Bük Nyárfa utca 2.
+36/94 558 030
www.kristalytorony.hu

Compliance-Hinweis: Die Reise erfolgte auf Einladung von Tourinfo Bükfürdö.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2018)

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