Zuerst der Herr, dann die Dame

(C) Ute Ploier
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Mit einer Erweiterung des Sortiments wächst auch der Kundenkreis: Männermodespezialistin Ute Ploier hat nun wie andere Kollegen ihr Angebot um eine Damenkollektion erweitert.

Einer Faustregel folgend, die Helmut Lang kolportierterweise als Lehrender an der Universität für angewandte Kunst aufgestellt hat, erreicht ein kontinuierlich wachsendes Modelabel nach etwa zehn Jahren im Business einen kritischen Punkt. Da gilt es dann, Grundsatzentscheidungen über die künftige Entwicklung zu treffen. Und selbst wenn Ute Ploier, eine der bekanntesten Designerinnen des Landes und aktuell auch Professorin für Mode an der Kunstuniversität Linz, erst kurz nach Ende der Ära Lang ihr Studium an der Angewandten begann, würde sie ihrem berühmten Branchenkollegen wahrscheinlich beipflichten.

Zehn Jahre nach ihrem siegreichen Auftreten in der Kategorie Männermode beim berühmten Nachwuchsfestival in Hyères und der darauf folgenden Gründung ihrer Modemarke präsentierte Ploier nämlich unlängst in Paris ihre erste Damenkollektion. „Nach all diesen Jahren hatte ich Lust auf etwas Neues, auch weil ich Männermodedesign nach wie vor, und obwohl sich da vieles geändert hat, als relativ einengend empfinde“, fasst Ploier ihre Beweggründe bei einem Besuch in ihrem Wiener Studio zusammen. Indem sie auch verstärkt begonnen habe, über ihre eigenen Bedürfnisse nachzudenken und diese einfließen zu lassen, sei der Wunsch entstanden, ihre kreative Tätigkeit auszudehnen.

Unverwechselbar. Wenngleich in der Vergangenheit auch Frauen bei Sample Sales in Ploiers Atelier Teile der minimalistischen und zumeist körpernah geschnittenen Männerkollektionen erstanden hatten, setzte sie bei ihrer ersten Damenkollektion auf einen klaren Schnitt: „Einfach auf eine Unisex-Palette umzuschwenken, das wollte ich nicht“, meint sie und unterstreicht, dass es in dem von viel größerer Leistungsdichte geprägten Umfeld der Damenmode noch wichtiger sei, Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln.

„Stoffdrucke und Farben sind eine Möglichkeit, sich in einem sehr umkämpften Umfeld abzugrenzen. Auch potenzielle Kunden suchen nach etwas Unverwechselbarem, für das sie auch Geld auszugeben bereit sind.“ Das Resultat dieser Umorientierung ist eine Reihe erstaunlich bunter, feminin-fließender Modelle in Seiden- und Seidenmischstoffen, die im Rahmen des „13festival for fashion & photography“ auch erstmals der Wiener Öffentlichkeit präsentiert werden.

Bereits vor fünf Jahren, und vier Jahre nach Gründung seines Herrenmodelabels, traf auch Petar Petrov die Entscheidung, eine Damen- zusätzlich zu seiner stets gut aufgenommenen Herrenkollektion zu präsentieren. Auch er reagierte auf „wiederholte Anfragen aus meinem nahen Umfeld, von Kundinnen, deren Meinung mir wichtig ist“. Wie Ploier präsentierte auch Petar Petrov seine Männerkollektionen in Paris bei eigenen Modeschauen, was zur Bekanntmachung seines Namens beitrug: „Für die Damenmode mache ich bislang kaum Pressearbeit, und trotzdem hat das kommerzielle Potenzial der Damen jenes der Herren bei meinen Kollektionen bereits überflügelt“, so Petrov.

Auch er gibt an, die Damenmode von Anfang an bewusst in einem hochqualitativen Segment positioniert zu haben: „Mit dem Mittelpreissegment kann man bei Damen ohnehin nicht mithalten. In der Folge habe ich auch die Herren, die sehr sportiv begonnen haben, an die Positionierung der Damen angepasst.“ Dieses Zueinanderführen habe allmählich stattgefunden, und vor etwa drei Saisonen habe Petrov einen Punkt erreicht, an dem die Damen- und die Herrenkollektion gemeinsam ein stimmiges Ganzes ergeben würden.

Einen vergleichbaren Weg wie Ploier und Petrov ging auch Peter Holzinger mit seiner Modemarke Superated: 2005 startete er mit einer Herrenkollektion, fünf Jahre später wurde das Angebot erweitert. Auch er habe auf Feedback von Kundinnen reagiert und versuche, ein stimmiges Ganzes zu kreieren: „Eine Grundidee steht am Anfang, und aus dieser heraus entwickelt sich sowohl die Damen- als auch die Herrenkollektion. Wir arbeiten auch mit denselben Stoffen.“

Diese Herangehensweise hält die Verkaufsexpertin Britta Song für sinnvoll. Sie arbeitet als Freelance-Sales-Agentin während der Pariser Modewoche für Raf Simons, früher Margiela, und soll bald den „Austrian Fashion Showcase“ der neu konstituierten Austrian Fashion Association unterstützen: „Bei Raf Simons fragen Buyer häufig, wann er endlich eine Damenkollektion zeigt. Manche Shops ordern auch Teile aus der Männerkollektion für ihre weibliche Klientel.“ Sie hat zwar bislang nicht die Erfahrung gemacht, dass eine absolute Übereinstimmung der beiden Kollektionen verlangt wird. „Doch Einkäufer erwarten sich, dass es eine gemeinsame Handschrift bei beiden Kollektionen gibt.“

Wiener Kundschaft. Neben einer Umsatzsteigerung, wie sie sich etwa bei Petar Petrov eingestellt hat, spielt auch die Möglichkeit, den im High-Fashion-Umfeld traditionell schwierigen österreichischen Markt zu erschließen, eine Rolle. „Lokal wird die Damenkollektion sehr gut aufgenommen“, sagt Peter Holzinger, der seine Mode in dem ebenfalls von ihm betriebenen „Samstag“-Shop verkauft. „International ist einerseits die Nachfrage größer, naturgemäß aber auch die Konkurrenz.“

Ute Ploier erhofft sich ebenfalls, in Wien verstärkt Fuß zu fassen: „Gerade vor Ort ist es bestimmt eher möglich, mit Damenmode einen Kundenstock aufzubauen. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich mittelfristig neue Konsumentinnen gewinnen werde.“ Begleitend zur Lancierung der ersten Damenkollektion im Frühling ist außerdem die Eröffnung eines eigenen Verkaufsraumes geplant. Nach diesem Neustart folgen schließlich wieder zehn wichtige Jahre.

Preise, Shows, Talente

Departure Fashion Night
Ute Ploier zeigt ihre Damenkollektion. Weitere Defilees von Femme Maison, Bradaric Ohmae und GON. Am 22. 11. im MAK.

Evoque NextGen Award
Präsentation der Preisträger und Defilee. Am 20. 11. im MAK.

Austrian Fashion Awards
Verleihung der Modepreise von Stadt Wien, BMUKK und WK Wien. Am 21. 11. im MAK. Details auf www.13festival.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2013)

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