Früher, ja, da wellten sich die Werbeplakate noch, feucht von Wetter und Leim.
Damals waren auch Architekten für das Stadtbild zuständig. Fassaden waren rau, Oberflächen gern grob. Technisch und gestalterisch konnte man oft gar nicht anders. Heute sind ganze Häuser glatt wie Displays. Doch die Digitalisierung will aus dem Hosensack auch ins Stadtbild. Die Strategie: Passanten anschreien. Rein visuell. Dafür sind Monolithe, glatt wie i-Phones, im Stadtbild gelandet. Die „Digitalen City Lights“ sind nur zu ertragen, wenn sie schwarz sind wie ausgesteckte Fernseher. Mit cineastischem Willen könnte man fast jenen Monolithen in ihnen sehen, der im Film „2001: Odyssee im Weltraum“ auf der Erde gelandet ist. Die Monolithisierung der Straße: eine Spätfolgeerscheinung eines Mannes, der zu Recht nie als wichtigster Stadtdesigner gefeiert wurde, obwohl er es war: Jean-Claude Decaux. Sein Kunststück: alle wichtigeren europäischen Städte fast gleichzeitig gleichzuschalten. Mit kommerziellem Stadtmobiliar. In den 1960ern plakatierte er noch selbst. Irgendwann baute er in Lyon Bushaltestellen, die auch etwas transportierten: Werbebotschaften. Später ließ er diese rollen, durch Wien etwa, per City-Bike. 2016 verstarb Decaux. In Wien hat er sich unter dem Decknamen Gewista (Mehrheitseigentümer ist der europäische Marktführer JCDecaux) verewigt. Angeblich hat JCDecaux auch mit Architekturgranden wie Norman Foster kooperiert. Aber das wäre ja so, als würde man Daniel Kehlmann für den nächsten Geschäftsbericht beauftragen.