Designer klappen ihre Skizzenbücher und Zeichenblöcke auf

(c) die Presse (Carolina Frank)
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Wenn Gedanken Gestalt annehmen: Ideenblitze, schockgefroren. Was Hirne und Hände der Gestalter so hinwerfen auf Papier.

Das Tolle und das Schwierige zugleich: Die Gedanken sind frei. Und sie springen nun mal herum. Huschen hin und her vor dem inneren Auge. Da muss man seine Ideen auch mal hinwerfen und ausschütten – damit sie bleiben. Das Papier ist das ideale Medium dafür. Der Stift das Werkzeug. Unscharfe Bilder im Kopf schärfen sich mit dem Strich. Leise Ahnungen werden lauter, wenn man sie erst mal vor sich sieht. Wie Screenshots aus dem Hirn der Gestalter. Mit denen sie auch auf längeren gedanklichen Reisen gern vorfühlen, wo es überhaupt hingehen könnte. Bitte einmal auslagern, was da hektisch im Kopf kreist. Auf Papier verbinden sich dann Gedanken, Kommentare und Assoziationen manchmal zu ganz unerwarteten Ideenabzweigungen. Jedenfalls: „Der erste Kontakt der Idee mit der Welt ist das Medium Papier", sagt Designerin Louisa Köber. „Mir dient das Zeichnen auch dazu, ein Konzept, das so flüchtig durch den Kopf ging, zu überprüfen." Kaum ist es auf Papier, lässt es sich besser evaluieren. Ob es konkreter werden darf. Oder erst mal rasten soll in der Schublade.

Gedankensprünge. Louisa Köbers Skizzen sind so frei und ungebunden wie ihre Ideen: Loses Blattwerk ist ihr Medium „Das macht das Um- und Aussortieren leichter", sagt sie. Die Designerin Julia Landsiedl ist da ein wenig fixierter: auf Notizbuch. Und dabei wiederum auf: „Moleskine, mittelquart, schwarzer oder brauner Einband." Ist eines voll, kommt es auf den Stapel. „Fein säuberlich geschlichtet liegen sie nebst geerbter Bettwäsche im Wäscheschrank", erzählt Landsiedl. Zwischen den Deckeln ihrer Notizbücher hat das Feinsäuberliche aber meistens Pause. Da kritzelt der Kuli, da zieht der Bleistift Kreise und ungewohnte Verbindungen, da kleben Post-its und ganz andere Schnipsel. In ihrem Wäscheschrank-Archiv stöbert Landsiedl doch regelmäßig. „Entweder wenn mir tatsächlich nichts mehr einfällt." Oder zur Retrospektive: „Um zu sehen, womit ich mich zu welchem Zeitpunkt beschäftigt habe."

Zeichenflüsse. Hannes Schreckensberger und Célia Picard, das Duo Celia-Hannes, fixieren ihre Ideen auch auf Papier. Dabei bleiben sie gern ziemlich frei bei der Wahl der Mittel. „Wir verwenden ganz unterschiedliche Blocks und Techniken. Auch abhängig von der Tageslaune. Vor Kurzem haben wir die Füllfeder zum Skizzieren für uns entdeckt", erzählt Schreckensberger. Wie die Gedanken sind auch seine Skizzenblöcke im Atelier dort, wo man sie nicht erwartet. „Wir stoßen immer wieder zufällig auf alte Skizzen. Manche sind Teil von laufenden Projekten." Andere ganz zufällig entstanden. Auch bei Célia Picard in der Küche, wie sie erzählt: „Dort auf dem Bistrotisch, mit einer Radiosendung im Hintergrund, so komme ich am besten in diesen Zeichenfluss, einen ganz besonderen mentalen Zustand."

Eine Verfassung, die Jürgen Schremser, der sich als Illustrator und Vorstandsmitglied von Design Austria auch stets mit der Kulturtechnik der Skizze auseinandersetzte, vielleicht so beschreiben würde: „In den ersten Strichen manifestiert sich eine Initialzündung für Gestaltgebung. Das rasch Hingeworfene hält das Vorstellungsvermögen in einer anregenden Schwebe: die Skizze ist flüchtig wie der Gedankenflug und zeigt doch schon ein lineares Gerüst, das einer weiteren figürlichen bzw. intellektuellen Ausformulierung die Bahnen legt."

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