Dreimal pro Woche Fleisch

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Branchenobmann Reinhard Kainz über den heimischen Fleischmarkt.

Der Österreicher hat das Schwein zum Fressen gern. Fünf Millionen Schweine werden jährlich aus heimischen Beständen geschlachtet. Laut Agrarmarkt Austria isst ein Österreicher dreimal pro Woche Fleisch, pro Jahr kommt man damit auf 66 Kilogramm pro Kopf. In 63 Prozent der Fällen wird die Einkaufsliste von Schweinefleisch angeführt, gefolgt von 18 Prozent Rind- und Kalbfleisch.

Seit Jahren wird in der Branche darüber gejammert, dass Fleisch an Wertigkeit verliert – Stichwort Billigprodukte. „Genau da muss man ansetzen, um den Konsumenten deutlich zu machen, dass das billigste Stück Fleisch kein Maßstab sein kann“, sagt Reinhard Kainz, Leiter des Koordinationsbüros für die österreichische Fleischwirtschaft in der Wirtschaftskammer. Er würde sich wünschen, dass den Konsumenten stärker bewusst wird, welcher Aufwand dahintersteckt, bis ein Stück Wurst in der Vitrine liegt. „Das ist eine Kette an Leistungen, angefangen beim Landwirt, bei Legebetrieben, Schlachthöfen und Verarbeitungsbetrieben.“ Fleisch zu produzieren brauche „einen großen Aufwand an Kapital, Grips und handwerklichem Können, und am Ende reduziert sich alles auf die Frage ,3,99 oder 4,99 Euro?‘“, kritisiert Kainz.

Schiefe Machtverhältnisse. Grundsätzlich hat der Trend zum Billigfleisch in den 1970er-Jahren begonnen und ist in den letzten 15 Jahren besonders spürbar geworden. „Wir haben ja eine gewaltige Konzentration an Handelsketten – Rewe, Spar und Hofer beherrschen den Markt mit über 80 Prozent“, so Kainz. Damit stehe eine Vielzahl an Fleischproduzenten einer kleinen Anzahl an Handelsketten gegenüber. Durch dieses Ungleichgewicht der Machtverhältnisse habe sich alles auf ein Thema konzentriert: den Preis. „Von dieser Konzentration muss man wegkommen“, mahnt Kainz. Das Gewerbe der Fleischhauer sieht er aber dennoch nicht in Gefahr. Vielmehr müsse sich der „kleine“ Fleischhauer spezialisieren und auf Nischen konzentrieren. „Jeder Fleischer, der stehen bleibt und so handelt wie vor 50 Jahren, hat keine Zukunftsaussicht.“ Als Positivbeispiel nennt er die Vermarktung des Schneeberglandschweins, das sechs Fleischer aus der Gegend von Neunkirchen wiederentdeckt haben und nun exklusiv vertreiben.

Speziell im städtischen Raum hat die Anzahl der Fleischhauer in den letzten Jahrzehnten aber stark abgenommen. „Es stimmt, die Anzahl der Betriebe geht zurück. Die Betriebe werden weniger, aber größer, und die Umsatzerlöse steigen“, sagt Kainz. Das wurde auch statistisch erfasst: 2005 hatte ein Betrieb im Durchschnitt 11,8 Arbeitnehmer, 2011 stieg die Zahl auf 13,8.


Rückgang der Fleischer. Historisch betrachtet ist die Zahl der Fleischer stark gesunken – speziell in der Stadt. Während vor rund 100 Jahren in Wien rund 2000Fleischhauer tätig waren, gab es im Jahr 2012 gerade einmal 134 Betriebe in der Bundeshauptstadt. In ganz Österreich existieren derzeit noch 1405 Betriebe, im Jahr 2002 waren es noch 1859.

Einen kleinen Aufschwung erleben die kleinen Fleischhauereien jeweils nach Lebensmittelskandalen, wie zuletzt bei dem Pferdefleischskandal. Konsumenten reagieren darauf verunsichert und kaufen verstärkt dort ein, wo die Herkunft des Produkts transparenter scheint. Allerdings hält dieses Umdenken nicht lange an. „Der Absatz im Fleischergeschäft steigt nach einem Skandal immer sprunghaft an, verebbt aber leider wieder schnell. Der Konsument ist sehr vergesslich, sagt Kainz.

Er geht davon aus, dass sich der Markt stark in Richtung Convenience, also Fertiggerichte oder vorbereiteter Produkte, entwickeln wird. „Die Haushalte werden immer kleiner, es wird weniger gekocht. Die Produkte werden sich daher noch weiter zu einer möglichst konsumnahen Verabreichung hinentwickeln.“ Hier sieht er zwei Trends: jenen zum billigen und jenen zum regional abgesicherten Produkt, das auch schon in der Gastronomie angekommen ist. Kainz dazu: „Speisen mit Stammbaum werden ein wesentlicher Zukunftstrend sein.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2013)

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