Der Käse vom Wasserbüffel

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Rohmilchkäser Robert Paget hat sich auf Camembert, Blauschimmelkäse, Ricotta und Mozzarella von Ziegen und Wasserbüffeln spezialisiert.

Robert Paget hat die Ruhe. Diese braucht er auch. Immerhin ist er Käsemacher – und in seiner Herangehensweise das Gegenteil eines industriellen Produzenten. Robert Paget arbeitet mit der Hand, mit Rohmilch und mit der Zeit, die ihm die Tiere und die Milch vorgeben. Und er hat sich für seine Arbeit – neben der Ziege – ein hierzulande eher ungewöhnliches Tier ausgesucht: den Wasserbüffel.

Wobei Paget gern betont, dass uns der Wasserbüffel nur exotisch vorkommt. „Um 1900 bestand der Fuhrpark der Schwechater Brauerei aus Wasserbüffeln, so wie damals bei allen Brauereien im Osten Österreichs“, sagt Paget, während er im Garten seines Hofs im niederösterreichischen Diendorf am Kamp sitzt. Er hat gerade Zeit, über seinen Zugang zu seiner Arbeit, den Tieren, der besonderen Milch und dem Unterschied zum konventionellen Käse zu sprechen. Um 13 Uhr hat er die Milch, die er in der Früh und am Vorabend gemolken hat, in seiner kleinen Käserei in einem 100 Liter fassenden Bottich auf 32 Grad erhitzt und mit Milchsäurebakterien versetzt. Letztere haben nun zwei Stunden Zeit zu arbeiten, sprich den Zucker in der Milch aufzufressen und so die Milch langsam zu Käse zu machen.

Um 15 Uhr muss Paget den Käse – heute steht Camembert auf dem Programm – schneiden und umrühren, damit sich die Molke vom Käse trennt. Aber dazu später mehr, zuerst will Paget in aller Ruhe erzählen, warum er arbeitet, wie er arbeitet.


Inhalt statt Größe. Vor 35 Jahren hat Paget mit der Käseproduktion begonnen – vorerst aus Ziegenmilch. Vor etwa elf Jahren sind die Wasserbüffel dazugekommen. „Der Anlass war eigentlich die EU. Damals gab es drei Möglichkeiten: entweder dreimal so groß zu werden, dreimal so gut zu werden oder aufzuhören. Ich wollte dreimal so gut werden.“ Zu den Wasserbüffeln ist er über ein Sozialprojekt gekommen, das er seit 20 Jahren in Indien betreibt. Er hilft dort, in Wüstengebieten Kleinkäsereien aufzubauen. „Das ist ein Teil meines Lebens geworden, und dieser Teil sagt alles aus, worum es geht: nicht um die Menge oder die Größe, sondern um den Inhalt, die Qualität und um etwas Neues, um Beweglichkeit. Das sind für mich viel wichtigere Dinge.“ Genauso wichtig wie der Bezug zur Landwirtschaft, den Paget, ein Wiener, damals nicht hatte.

Warum er sich schlussendlich für die Wasserbüffel entschieden hat, beantwortet er mit einer „Antwort eines Käsemachers“, wie er sagt: „Weil die Milch so toll ist und acht bis neun Prozent Fett hat.“ Außerdem lasse sich aus Büffelmilch weit mehr Käse herstellen als nur Büffelmozzarella. Der Nachteil ist allerdings, dass die Milchleistung eines Wasserbüffels bei einem Drittel einer Kuh liegt, also etwa sechs bis neun Liter Milch pro Tag und das nur acht Monate lang, während eine Kuh auf rund 30 Liter täglich kommt.


Profil statt Standardware. Für Paget lässt sich dieser Verlust aber dank des Geschmacks und auch des Gewichts des Fetts, das den Käse schwerer macht, ausgleichen. „Und man hat eine Nische und auch ein sehr tolles Fleisch, das sich gut für Luftgetrocknetes wie Schinken, Salami und Pastrami eignet.“ Paget hält meist zwischen zehn und 15Wasserbüffel, die er auch selbst züchtet. Gemolken werden die Tiere erst nach vier Jahren. Der männliche Nachwuchs wird für die Fleischproduktion verwendet, die Paget ausgelagert hat. Neben den Wasserbüffeln hält er auch Ziegen, die ebenso für die Käseproduktion zum Einsatz kommen.

Während die Milch – und später eben auch der Käse – des Wasserbüffels sehr fein, rund und mollig im Geschmack sei, schmecke die Ziegenmilch wiederum pikanter, schärfer und intensiver. Paget schätzt es, dass er mit den unterschiedlichen Milchtypen, aber auch mit dem den Jahreszeiten angepassten Futter den Geschmack variieren kann, und so eben keinen einheitlichen, standardisierten Käse produziert, sondern „ein Profil“ entwickelt hat.

Zum Hof gehören auch ein paar Schweine, an die die Restbestände der Molke verfüttert werden. So kommen, sagt Paget, nun doch zumindest zwei Drittel des „Verlustes“ im Vergleich zur industriellen Haltung zurück. Jetzt sei es aber Zeit, in die Käserei zu gehen und sich an den Camembert zu machen. Trotz Ruhe hat Paget stets die Uhr im Blick – und auch eine Erklärung dafür, wer bei der Arbeit den Rhythmus vorgibt. Der Käsemacher ist es nicht. „Käse ist ein lebendiges Produkt, und damit sollte man sich Zeit lassen. Wenn man es vordefiniert und vorher festlegt, wie es sein soll – nämlich immer gleich –, dann macht man aus dem lebendigen Produkt ein totes Produkt“, sagt er, geht in Richtung Käserei, wirft einen Blick auf die Wanduhr und beginnt den nächsten Teil seiner Arbeit.

Die Milch hatte nun zwei Stunden Zeit zu stocken. „Sie ist jetzt wie Pudding.“ Damit sich die Flüssigkeit, also die Molke, vom Käse trennt, beginnt Paget den Käse mit drei unterschiedlichen Geräten zu schneiden: Einmal waagrecht, einmal senkrecht, der dritte Schnitt verläuft vom Rand in die Mitte. „Spektakulär ist das nicht, aber meditativ. Das ist der spezielle Aspekt meiner Story.“ Danach muss die Masse zehn Minuten rasten, um anschließend eine Dreiviertelstunde lang erneut händisch umgerührt und geschnitten zu werden. Aus der Molke, die dabei entsteht, wird Paget Ricotta machen. Und was dann noch einmal überbleibt, fließt über die Schweine in die Schinkenproduktion. Für diese ist aber jemand anderer zuständig.

Auf einen Blick

Hofkäserei Robert Paget
Paget arbeitet seit 35 Jahren als Käsemacher, seit elf Jahren auch mit Wasserbüffeln. In seiner kleinen Bio-Käserei stellt er Ricotta, Mozzarella, Camembert, Blauschimmelkäse, Taleggio und andere Spezialitäten her. Er bietet auch Käsekurse an.
Hofladen: Kirchenweg 6, 3492 Diendorf am Kamp, Fr. und Sa. 10 bis 18Uhr, www.bufala-connection.at.
Weitere Bezugsquellen: Pöhl am Naschmarkt, Der Schweizer (Wollzeile 15), Irene Pöhl am Kutschkermarkt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2015)

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