Der Heimlichwirt im Burgenland: „Es lebt von den Leuten“

Anna Burghardt
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Peter H. Müller, ehemaliger Taubenkobel-Sommelier, ist nun Gutsbesetzer. Und bekocht als fahrender Heimlichwirt das Burgenland.

Es ist quasi eine Besetzungscouch, auf die sich Peter H. Müller kurz fallen lässt. Die offene Lederjacke gibt Einblicke auf den Schriftzug auf seinem schwarzen T-Shirt: „Gutsbesetzer“ steht da. Schauplatz: ein Stadl mit prächtigen Dachbalken und alten Zementfliesen auf dem Weingut Andreas Gsellmann in Gols, der derzeit noch umgebaut wird. In diesem Stadl wird Peter H. Müller Anfang Juni wieder zu Peter Heimlich Müller mutieren: zum Heimlichwirt, der als fahrender Gastgeber in den nächsten Monaten vor allem burgenländische Weingüter besetzt.

Als „kochender Sommelier“ bezeichnet sich der gebürtige Ulmer, er wurde in Deutschland tatsächlich in beidem ausgebildet. Müller, Jahrgang 1980, war Chefsommelier bei Sternekoch Nils Henkel im renommierten Schloss Lerbach in Bergisch Gladbach und wechselte nach dessen Schließung in den burgenländischen Taubenkobel, den er Ende 2017 nach drei Jahren verließ. Die Selbstständigkeit sei immer ein Traum gewesen. „Ich war über zehn Jahre glücklich in der gehobenen Gastronomie, jetzt habe ich Lust auf etwas anderes.“ Peter H. Müller plant, irgendwo in der Nähe des Neusiedlersees ein fixes Lokal aufzubauen, „aber ich bin picky, will nicht die erstbeste Adresse nehmen“. Und mit den Gutsbesetzer-Abenden – das Wort Pop-up nimmt er übrigens nie in den Mund – könne er sich in der Gegend als Gastronom schon einmal einen Namen machen, bevor das Abenteuer eigenes Lokal losgehe.

Selbst Fermentiertes ist Fixstarter.
Selbst Fermentiertes ist Fixstarter. Anna Burghardt

"Ehrlicher Wein"

Bisher hat Peter H. Müller alias Heimlichwirt unter anderem das Weingut Koppitsch in Neusiedl besetzt, wo er im Verkostungsraum an mehreren Abenden je rund 30 Gäste bewirtet hat. An der Schieferwand stand „Heimlich genießen“ und „Ehrlicher Wein“, serviert wurden unter anderem Risotto mit Spargel aus St. Andrä, kleine gebackene Kardamom-Safran-Puddinge oder Platten mit selbst fermentiertem Kohlrabi, geschmorten Kreuzkümmel-Karotten und anderem Gemüse – Pardon: G.müse. „So habe ich mir das auf Einkaufslisten oder so schon immer notiert, jetzt schreibe ich einfach offiziell G.müse.“

Immer dabei sein wird von ihm selbst Fermentiertes, „gerade sind noch einige Gärtöpfe gekommen“. Für den Sommer geplant ist unter anderem eine Gutsbesetzung bei Gemüsevielfalt-Spezialist Erich Stekovics, „für das Menü arbeite ich dann vor allem mit seinen Knoblauch- und Zwiebelsorten.“

Serviert wird unter anderem Spargelrisotto.
Serviert wird unter anderem Spargelrisotto.Anna Burghardt

Weinkompetenz

Dass auf dem Weingut Koppitsch neben dem Verkostungsraum ein großer begehbarer Kühlraum zur Verfügung stand, „weil alle in der Familie Jäger sind“, war ein glücklicher Zufall. Der Raum war gerade reh- und hasenlos, Müller konnte darin Weinflaschen ebenso kühlen wie seine „Pü-Taler“, gebratene Taler aus Erdäpfel- und anderem Püree. Vorab wird jeweils besprochen, was die Gegebenheiten sind: „Was habt ihr, was habe ich?“ In seiner Vorbereitungsküche in Winden filetiert er Saiblinge, brät Pü-Taler. Geschirr stellen zum Teil die besetzten Güter zur Verfügung, zum Teil kommt es von Peter H. Müller. Auch ein paar Stücke aus dem Schloss-Lerbach-Nachlass hat er mitgebracht. Ebenso wie Weine aus dem dortigen Weinkeller. Über die Jahre hinweg hat der Sommelier privat Weine gesammelt, „rund 200 Positionen sind es“, die er nun sukzessive bei seinen Gutsbesetzungen an die Gäste bringt. Pro Abend werden etwa 30 Weine offen ausgeschenkt oder in der Flasche verkauft, die Auswahl wechselt jedes Mal. Der Schwerpunkt liegt auf Naturweinen, dazu kommt immer ein Wein aus dem besetzten Weingut.

Für Peter H. Müller scheinen aber Wein und Essen nicht das Wichtigste bei seinen temporären Auftritten als Wirt zu sein. „Es lebt eigentlich von den Leuten, die den Raum füllen“, sagt er, ein „ehrliches Miteinander“ sei sein Ziel. Wenn nicht ein fixes Menü auf dem Plan steht – das hängt stets vom jeweiligen Ort ab –, sind die Gerichte auf der Karte immer zum Teilen gedacht, „für zwei oder vier“. Müller hat überlegt, ob er an den besetzten Orten etwas verändern sollte, etwa Bilder abhängen und durch seine Auswahl ersetzen sollte. Er hat sich dafür entschieden, die Orte so sein zu lassen, wie sie sind.

Tipp

Als Heimlichwirt lädt Peter H. Müller zum Essen und Trinken. 31. 5.–2. 6. sowie 29.–30.  6.: Pannobile-Weingut Gsellmann in Gols. 6.–7.  7.: Weingut Heike & Gernot Heinrich in Gols. 27.–28.  7.: Herbert Zillinger in Ebenthal im Weinviertel. 24.–25.  8.: Heidi Schröck in Rust. Laufend weitere Termine sowie Anmeldung auf: heimlichwirt.com

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