Bucheckers Innereienschwerpunkt im Gußhaus

Franz Buchecker, Sohn Christopher und Wirtin Karin Fischer sorgen seit Anfang März dafür, dass im Gußhaus die Altwiener Küche wiederbelebt wird. Ein besonderer Schwerpunkt gilt Innereien: Hier bekommt man noch gebackenes Hirn, geröstete Nierdln oder Wurzelzunge.
Franz Buchecker, Sohn Christopher und Wirtin Karin Fischer sorgen seit Anfang März dafür, dass im Gußhaus die Altwiener Küche wiederbelebt wird. Ein besonderer Schwerpunkt gilt Innereien: Hier bekommt man noch gebackenes Hirn, geröstete Nierdln oder Wurzelzunge.(c) Clemens Fabry
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Die Wirtsfamilie Buchecker ist in Christian Petz' Gußhaus gezogen. Und bewahrt hier die Altwiener Küche – mit Innereien wie Prager Kuttelfleck und Hirn mit Ei, aber auch mit Böhmischen Palatschinken.

„Man kann sich sein Publikum schon auch aussuchen“, findet Franz Buchecker, Wirt seit Ewigkeiten. „Wenn jemand hereinkommt und fragt: ,Haben Sie nichts Vegetarisches?‘, sag ich: ,Sie sind im falschen Lokal.‘“ Die Marschrichtung des Gasthauses Buchecker & Sohn ist klar: altösterreichische Küche mit Innereienschwerpunkt. An Fleischlosem gibt es wenig mehr als Krautfleckerln.

Schon am alten Standort in der Leibenfrostgasse im Vierten kochte man (sieben Tage die Woche!) Böhmische Palatschinken, Prager Kuttelfleck, Wurzelzunge und Esterházy-Rostbraten mit Hörnchen. Aber erst seit die Familie Buchecker mit Anfang März eine bekannte Adresse besetzt, die Ex-Wirkungsstätte von Christian Petz in der Gußhausstraße bei der TU, erhalten solche selten gewordene Spezialitäten die Aufmerksamkeit, die sie verdienen.

„Es dauert ein bisschen, wir machen alles frisch“, informiert im krachend vollen Lokal zur Mittagszeit die Wirtin, Karin Fischer. Auf der Rechnung wird später stehen: „Kellner: Chef“. Ihr Mann, Franz Buchecker, ist der Seniorchef des Gasthauses und Ausbildner seines Sohnes Christopher, mit dem er sich hier die Küchenverantwortung teilt. „Christopher war mein letzter Lehrling, noch in Simmering damals.“ Wo man auch schon ein Gasthaus unter eigenem Namen führte. Auch das Reznicek im neunten Bezirk gehörte zu den Stationen des Urwirten, der die Wiener Küche beherrscht wie nur mehr wenige. Einer, der auch weiß, wie es geht, ist ausgerechnet ein Inder: Herr Singh ist seit dreizehn Jahren an Bucheckers Seite. Ursprünglich Zeitungsausträger, lernte er bei diesem, wie man geröstete Nierndln, Fledermaus und Ochsenschlepp kocht. „Als ich ihn einmal gebeten habe, uns etwas Indisches zu kochen, hat er gesagt: ,Geht nicht, ich kann nur Wiener Küche!‘“ Vater und Sohn Buchecker plus Herr Singh – weitere Köche gibt es hier nicht. „Je mehr Leute in der Küche stehen, desto langsamer geht das Ganze.“

Herz des Gasthauses ist der Stammtisch neben der Schank, darüber hängen passenderweise Plakate mit Helmut Qualtinger und einem illustrierten Wiener-Festwochen-Hirn. Rund vierzig Leute zählen zur losen Truppe, die sich hier prinzipiell einfindet, natürlich nicht alle gleichzeitig. „Den Stammtisch kann man nicht reservieren.“ Es sei eine fast verloren gegangene Kultur, meint Franz Buchecker: „Früher ist man ja nicht nur zum Essen ins Wirtshaus gegangen. Man hat gewusst, am Stammtisch ist jemand, den man kennt, mit dem man reden kann.“ Die Wirtsfamilie kennt die Stammtischgäste mit Namen, „wir wissen, wer sein Schnitzel dunkel oder stark gesalzen will und was er ins Glas will“. Ja, man sei als Wirt schon auch Seelentröster, sagt Franz Buchecker. Und man müsse Menschen mögen. „Wenn ich so herumlaufe“ – seine Hände formen Scheuklappen –, „wird das nichts.“

Innereientrend

Als einer, der schon sehr lang im Geschäft ist, ist er Zeuge diverser Änderungen in der Gastronomie: „Am anstrengendsten ist heute die Bürokratie. Da hat sich wahnsinnig viel geändert. Die Gesetze sind ja gemacht für Großkonzerne, die jemand eigenen fürs Listenschreiben angestellt haben.“ Auch Sohn Christopher weiß von Entwicklungen zu berichten: „Noch vor zehn Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass ein 21-Jähriger gebackenes Hirn bestellt. Heute wollen sie es reihenweise.“ Das Verarbeiten des ganzen Tiers, auch gern Nose-to-Tail genannt, werde mittlerweile von jungen Leuten geradezu gefordert, meint der Juniorchef.

Für all diese ist das Gasthaus Buchecker eine Fundgrube: Der Dienstag wird, als Reverenz an die Tradition, als Schlachttag beworben. Von Leber über Bries, Kalbskopf, Schweinsfuß bis hin zum Hirn wird kaum etwas ausgelassen. Innereien sind denn auch ein wichtiges Thema der „Wiener Tapas“-Karte, mit der man erst am neuen Standort begonnen hat. Nachhaltigkeit lebt man auch bei den drei täglich wechselnden Mittagsmenüs vor: Sie gibt es, bis sie aus sind. „Ich wundere mich immer, wenn Wirte schreiben, Mittagsmenü bis 14.30 Uhr“, sagt Franz Buchecker. „Was machen die denn dann mit siebzehn Portionen Paprikahendl? Wegwerfen?“

AUF EINEN BLICK

Die Familie Buchecker ist aus der Leibenfrostgasse in die Gußhausstraße übersiedelt. Vater Franz und Sohn Christopher teilen sich die Verantwortung in der Küche. Im Service: Karin Fischer. Am alten Standort hatte man sieben Tage pro Woche geöffnet, nun ruht man sich sonntags aus. Auf der Karte stehen zahlreiche fast vergessene Altwiener Klassiker, etwa Böhmische Palatschinken und Hirn mit Ei.

Buchecker & Sohn im Gußhaus, Gußhausstraße 23, 1040 Wien, Mo–Sa: 10.30–24 Uhr, Küche: 11–23 Uhr. Tel.: 01/929 56 74.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2019)

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