Die Testerinnen: Charlie P’s Dining Room

(c) Jürgen Hammerschmid
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Das beste Dessert seit Langem: ausgerechnet in einem Pub.

(c) Jürgen Hammerschmid

Darf man eine ganze Kolumne nur über eine Nachspeise schreiben? Der Tipsy Cake mit Ananas wäre es wert: ein warmes, kuscheliges, unfassbar liebreizendes (dieser Name!) Dessert – auch für jene Gäste ein Muss, die den süßen Gang sonst auslassen.

Der Nachfolger von Gareth Smith im Charlie P’s Dining Room, Petr Matusny, war im Sommer in London unterwegs: Acht Restaurants in 48 Stunden, lobpreist er Magen und Darm. Und er ist ehrlich genug, die In­spirationsquelle für den Tipsy Cake auf der Karte anzuführen: den britischen Starkoch Heston Blumenthal.
In anderen Lokalen Wiens wird indes munter kopiert, der junge Roman Wurzer im Lux am Spittelberg etwa ließ ohne Quellenangabe ein müdes Plagiat aus dem Noma servieren: die berühmten Rüben im kleinen Blumentopf mit essbarer Erde. Im kleinen Esszimmer des Charlie P’s – Hinterzimmer trifft es nicht, es ist ein Vorderzimmer – hingegen ist dafür zwar vieles auf der Speisekarte genau angeführt, jedoch ist bei den Beilagen nicht alles zu erschmecken: Die Safranmayonnaise zu den hervorragenden Fish & Chips mit Suchtpotenzial sieht weder nach Safran aus, noch schmeckt sie danach – bietet der amerikanische Kellner deswegen Ketchup dazu an? Räuchern ist zurzeit auch in dieser Küche sehr beliebt, die Hendlbrust mit Marillen, Rucola und Mandeln etwa wird unter einer Glas-Cloche serviert, aus der aromatisch auffrisierter Apfelholzrauch strömt. Dass die Roten Rüben zum feinen gegrillten irischen Ziegenkäse tatsächlich geräuchert wurden, kann ich aber nicht bestätigen, dafür kann ich mit noch immer zusammengekniffenen Augen schreiben, dass die eingelegten schwarzen Walnüsse ziemlich essigsauer waren. So weiterzuschreiben wäre jetzt aber unfair: Die Küche ist nämlich insgesamt sehr sympathisch und erfreulich anders. Und günstig! Die gut situierten Mittfünfziger zwei Tische weiter dürften sich recht alt gefühlt haben. Der rote Paprika mit einer würzig-süßlichen Reis-Linsen-Füllung ist ein sündiger vegetarischer Gang, ansonsten gibt’s viel Fleisch in toller Qualität. Etwa Hereford Beef, das man im Briocheburger oder als Steak haben kann, confierte Entenkeule mit deftigen Beilagen oder Reh, Hirsch und Wildschwein, in einen Pie gepackt. Aber um Hestons willen Platz lassen für den Tipsy Cake! 

TIPP

Charlie P’s Dining Room, Währinger Str. 3, 1090 Wien. Tel.: 01/4097923, Mo bis Fr 17–22, Sa und So 13–22.

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