Lokal-Kolorit: Restaurant Amador

(c) Carolina Frank
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Für Schaum geboren? Amador neu.

Abgespeckt und aufgerüstet: Juan Amador hat seinem vor eineinhalb Jahren eröffneten Restaurant in Grinzing die Beinamen Wirtshaus und Greißlerei wieder weggenommen. Sie haben, zumindest beim Wiener Publikum, angesichts des klaren Fine-Dining-Fokus von Anfang an eher Ratlosigkeit hervorgerufen. Nach Umbauarbeiten hat man nun als Restaurant Amador wieder geöffnet – und sich preislich in einer anderen Liga positioniert.

In den Ziegelgewölben von Fritz Wieningers ehemaliger Winzerei wurde statt des Hochtischs ein langer offener Küchenblock installiert. Hier finalisiert man derzeit die Armada von tollen Kleinigkeiten: Entenfußchips mit Entenleber und winzigen Rohschinkenröllchen etwa oder grandiose lauchcremegefüllte und senfgurkengekrönte Teigpölsterchen. Aufgerüstet wurde preislich: Bekam man zu „Wirtshauszeiten“ sechs Gänge um 125 Euro, beginnt es jetzt bei 175 Euro für sieben Gänge, mit Weinbegleitung 270. Damit sticht Amador Wiens bis dato teuerstes Sieben-Gänge-Menü im Palais Coburg, das 168 Euro kostet. (In Paris würde man jetzt nur laut auflachen.) Beim Thema Preis muss man noch bleiben, wenn es um den mündlich offerierten Aperitif geht (das siegelwachsverschweißte Menü und die elektronische Weinliste kommen erst nach den Amuses): Ein Glas Cava Gran Reserva von Recaredo steht um 22,50 Euro auf der Karte – die ganze Flasche ist im Handel um 18 Euro zu finden. Andererseits weiß Sommelier Andreas Katona aber auch fair kalkulierte spannende Flaschen zu empfehlen, mit denen er selbst unscharf geäußerte Wünsche exakt trifft.

(c) Carolina Frank

In der Küche scheint es nicht Juan ­Amadors Hauptziel, sich neu zu erfinden oder mit dem Aufstöbern von unbekannten Zutaten zu punkten. Die anachronistischen Schaumhauben – Amador galt als deutscher Hauptvertreter der Molekularküche – sind gewissermaßen ihr eigener Bart und lenken von der hiesigen Könnerschaft ab. Jakobsmuscheln kommen perfekt gegart in einer ebenso abgeschmeckten Velouté aus grünen Paradeisern mit Kalbszungenwürfeln. Carabineros werden mit Schnecken, Lardo und einer auffallend grünen Petersilvariation serviert – schaumgekrönt, wie auch das vielteilige Quitten-Nuss-Dessert. Amadors Signature-Dish, die Taube mit Purple Curry, Kokos und Mango, ist weiterhin am Start. Betörender Gang: der optisch schlichte Kabeljau mit Miso, Steinpilzen und spanischem Dörrschinken. Unkonstruiert, zeitgemäß und (fast) schaumlos.

Info

Restaurant Amador, Grinzinger Str. 86, Tel: 0660/9070500, Di–Sa ab 18 Uhr, ab November auch mittags

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