Massimo Bottura: Sein neues Refettorio in Paris

Refettorio Paris: die Krypta der La Madeleine.
Refettorio Paris: die Krypta der La Madeleine. JR
  • Drucken

Soziales Kochen in der Krypta der Kirche La Madeleine in Paris: Massimo Bottura hat sein viertes Refettorio eröffnet.

Gespendete frische Lebensmittel, die ansonsten in den Müll gewandert wären 130 Kilo täglich , ein prominenter Platz mitten in Paris, ein hyperaktiver italienischer Spitzenkoch und berühmte Gastköche: Das sind die Zutaten für das jüngste Refettorio der Organisation Food for Soul. Massimo Bottura, dessen Osteria Francescana in Modena im Jahr 2016 zum besten Restaurant der Welt gekürt wurde, hat Mitte März sein viertes Refettorio eröffnet: ein Lokal für Bedürftige, eine elaborierte Version einer Suppenküche.

Man kocht mit übrig gebliebenen frischen Zutaten.
Man kocht mit übrig gebliebenen frischen Zutaten. shehanhanwellage

Die Krypta der Kirche La Madeleine im achten Arrondissement wurde vom Architekten Nicola Delon und dem Inte rior-Designer Ramy Fischler zu einem stimmungsvollen Speisesaal umgewandelt, in Zusammenarbeit mit Künstlern wie dem Ehepaar Prune Nourry und JR, das das Gewölbe der Krypta etwa mit aufgehängten Wolken betont. Die gemeinnützige Organisation von Bottura und seiner Ehefrau Lara Gilmore gibt hier in Kooperation mit dem Restaurant Foyer de la Madeleine und freiwilligen Helfern täglich 100 dreigängige Abendessen an Bedürftige aus "und für jeden ein Lächeln dazu". Das Restaurant Foyer de la Madeleine sorgt bereits seit 40 Jahren für günstige Mahlzeiten, Bedürftige haben bisher nur einen Euro gezahlt.

Kampf gegen Lebensmittelverschwendung

Bei der Eröffnung des Refettorio Paris standen Frankreichs Gastro-Superstars Alain Ducasse und Yannick Alléno am Herd, für die nächste Zeit sind Gastköche wie Pascal Barbot, Daniel Humm oder Michel Troisgros angekündigt. Sie kochen in der Krypta wie auch bei den anderen drei Refettorio-Projekten mit übrig gebliebenen Zutaten, die unter anderem von der Supermarktkette Carrefour, der Tafel Banque Alimentaire oder Phenix zur Verfügung gestellt werden. Letzteres ist ein Start-up, das sich, wie auch Massimo Bottura selbst, dem Kampf gegen Lebensmittelverschwendung verschrieben hat und eine Drehscheibe für überschüssige frische Lebensmittel bildet "ein zweites Leben für Produkte" lautet das Motto.

Ein kreatives Team: Massimo Bottura (l.) und der Künstler JR.
Ein kreatives Team: Massimo Bottura (l.) und der Künstler JR. shehanhanwellage

Die wichtigste Zutat prinzipiell ist in Massimo Botturas Augen aber eine kalorienlose: "Kultur!" Was er mit Food for Soul auf die Beine stellt, sieht er nicht als Sozial-, sondern als Kulturprojekte. Seine Auffassung von Refettori (bisher in Mailand, Rio de Janeiro, London und nun Paris): Es sollen Orte der Versorgung sein explizit nicht nur der kulinarischen, sondern auch der kulturellen. Schon im ersten Refettorio, das im Rahmen der Weltausstellung 2015 in Mailand ins Leben gerufen wurde und Lebensmittelüberschüsse der Expo nützte, sollte bei den Gästen der Sinn für Kunst angesprochen werden, der laut Bottura jedem Menschen innewohnt. Im Buch "Bread is Gold" hat er die Erkenntnisse aus dem Refettorio Ambrosiano übrigens zusammengefasst, samt zahlreichen Rezepten für Gerichte aus einfachen Zutaten wie Brot.

Ambrosiana: Das erste Refettorio befindet sich in Mailand.
Ambrosiana: Das erste Refettorio befindet sich in Mailand. Caritas Amrosiana

In seinen unzähligen Interviews sagt der kunstsinnige, oft in Gucci gekleidete Italiener stets fast wortgleich dasselbe, spricht mit wilden Gesten und eindringlichem Blick durch seine Hornbrille von der Schönheit der Revolution, von Nahrung für die Seele. Der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung enthält für ihn auch den Aspekt Würde: Übrig gebliebenen Lebensmitteln soll ihre Würde zurückgegeben werden ebenso wie es mit hochwertigen Mahlzeiten auf schönem Geschirr bei den im Alltag oft ausgegrenzten Refettorio-Gästen geschieht.

Maxime Bonnabry-Duval leitet das Projekt vor Ort.
Maxime Bonnabry-Duval leitet das Projekt vor Ort. shehanhanwellage

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Gourmet

Backstage beim Köchetreffen Gelinaz

Das "Schaufenster" hat den Kochstars im oberösterreichischen Mühltalhof über die Schulter geschaut. Eine Reportage.
Reise

Slowenien: Ein Land in vielen Gängen

Slowenien schreibt sich auf die internationale kulinarische Landkarte. Mit Käsemachern und Köchinnen, mit Entenliebe, Blütenpollen und Schweinsnasen.
Gourmet

Noma in Kopenhagen: Die Neuerfindung des berühmtesten Restaurants der Welt

Aus dem Meer kommen die Zutaten für das erste Menü des neuen Noma in Christiania, Kopenhagen. Über Seegurkennamen, Muscheln als Löffel und Platzprobleme von René Redzepi und seinem Team.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.