Sechs Gänge zur Auswahl und einzelne kleinere Tische statt eines langen: Wolfgang Braun vom M77 bekocht den 15. Bezirk sehr ambitioniert.
Es sei wie bei der koreanischen Küche – die einen lieben es, die anderen hassen es, sagt Wolfgang Braun über das Essen an einem großen Gemeinschaftstisch. Er hatte es im M77, dem vor Jahren von der Ärztin Margot Van Assche betriebenen Dinnerclub in der Märzstraße 77, nach seiner Übernahme zunächst mit einem einzigen langen Tisch in der Mitte des Lokals versucht. Dass das in Wien nicht wirklich funktioniert – „alle wollten einen Randplatz buchen, davon gibt es bei einem Tisch nicht allzu viele“ –, haben schon vor Jahren Gastronomen wie etwa die Betreiber des Le Bol am Neuen Markt zur Kenntnis nehmen müssen. (Auch extrem eng platzierte Tische, wie sie etwa in Paris Usus sind, gelten hierzulande für Gastronomen als problematisch.) Jetzt stehen im M77, einem großen, luftigen Ein-Raum-Lokal samt offener Küche, mehrere einzelne Tische.
Übrigens in ausnehmend diskretionsfreundlicher Entfernung voneinander. Besser jetzt, berichtet Wolfgang Braun über das neue Konzept. Seine Nachbarn an diesem Standort im bisher eher jakobsmuschellosen 15. Bezirk: unter anderem das unter Gentrifizierungsanrainern beliebte Café Augustin, die U3-Station Johnstraße und ein somalischer Kulturverein (Exkurs: Eine deutsche Rewe-Filiale hat einmal per Stellenanzeige einen „Weinsomalier (m/w)“ gesucht – googlebar!). Sommelier gibt es im M77 keinen, der Weinkarte könnte man dennoch ein Prädikat verleihen, das die Wörter „klein“ und „fein“ enthält. Und das „Schwarze Schaf“, ein wunderbares Stout der Brauerei Gusswerk, findet man auch.
Wolfgang Braun hält sechs Gänge bereit, einzeln, als Dreigang- (43 Euro) oder Fünfgang-Menü (68 Euro) zu haben – warum nicht als Sechsgangmenü? Als Vorspeise: warmer Crottin Chavignol mit verjusmariniertem Friséesalat und Banyuls-Reduktion (brav) und eine Hummerbisque, die auf Wakamealgen mit darunter versteckten angebrutzelten Chorizostücken gegossen und mit Estragonschaum bedeckt wird (deutlich aufregender, auch dank der leicht scharfen, knusprigen Wurst). Jakobsmuscheln auf Erbsencreme mit bunten Karottenscheiben klingen schon nach nicht der Kreativität letzter Schluss, zeigen aber in der Ausführung einmal mehr, dass Braun sein Handwerk wirklich versteht. Bester Gang des Menüs: Sulmtaler Huhn als saftig-knusprige Tranchen mit Eierschwammerlcreme und Kamut, mit dem Käse Belper Knolle gewürzt. Monochrom gelbbraun, dichte, befriedigende Aromen. Mehr von der Sorte!
Info
M77, Märzstraße 77, 1150 Wien, Tel.: +43/(0)1/990 59 62, Restaurant: Di–Sa, 18–22.30 Uhr.