Testessen: Cavalluccio da Tommaso statt Procacci

Cavalluccio da Tommaso
Cavalluccio da TommasoDie Presse (Carolina Frank)
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Fahle Geschmäcker, rettende Kellner und viele Fragezeichen: Wiens neuer Innenstadt-Italiener.

Die Göttweihergasse ist eine jener Adressen der Wiener Innenstadt, die fast keine Adressen sind. Ein beschauliches Gässlein, das es gerade einmal auf die Hausnummern 1 und 2 bringt. Auf Nummer eins: ein Weinlokal mit creativ’er Rechtschreibung. Auf Nummer zwei: ein großes italienisches Lokal, das bis Jahresende das Procacci war. Also eines der zahlreichen Restaurants der toskanischen Weindynastie Antinori, die neben italienischen Städten auch Moskau, Zürich und Wien zu Standorten für ihre Marken wie Procacci oder Cantinetta Antinori zählt. Die Cantinetta Antinori beim Stephansdom wurde im Vorjahr gelungen aufgefrischt und brummt wie ein gepflegter Bienenstock, das Wiener Procacci soll demnächst an einer anderen Innenstadtadresse wiederaufsperren.

Die Presse (Carolina Frank)

Die Göttweihergasse 2 wurde indes von Tommaso Bomprezzi übernommen. Er war zuvor Gastgeber im Regina Margherita und hat einen Gutteil des Teams in sein Cavalluccio da Tommaso mitgebracht. Cavalluccio heißt Seepferdchen. Ebendiese stehen nicht auf der Karte – wobei man es nicht merken würde, wenn ein solches hi­neingeschmuggelt wäre: Klar erkennbare Geschmäcker (allerdings, zugegeben: wie schmeckt Seepferdchen?) stehen hier nämlich nicht im Fokus. Die Vorspeisen-Fischplatte (16 Euro) mit Muscheln, einem Oktopusarmstumpf plus einem Erdäpfelchip, einer Jakobsmuschel auf Selleriepüree und Sarde in Saor schmeckt an keiner Ecke der Schieferplatte (und wir schreiben 2019) nach Meer. Die Mille foglie di melanzana ist leider keine schmelzgeile Parmigiana, wie die Auskunft des Kellners hoffen lässt, sondern eine mäßig aufregende Melanzani-Ricotta-Schichtarbeit (13 €).

Dass „hausgemacht" bei Pasta nicht immer ein Pluspunkt sein muss, zeigen die strukturlosen Fettucine mit einer undefinierbaren Sauce – angeblich aus Melanzani – mit Schwertfischstücken und winterkranken rohen Cocktailparadeisern sowie die pappigen Pappardelle mit Fragezeichensugo. Das Fritto misto aus wenig mare und viel Gemüse (und dekorativen Fettschlieren auf der Schieferplatte) ist an sich ganz in Ordnung (23  €), die Sauce dazu abermals völlig undefinierbar. Woraus genau das reflexhaft kressebestreute Trio aus gebratenem Rindfleisch (29 €) besteht, ist dann auch schon eher egal. Man könnte sich an die Pizze halten und meinen, dass sich das noch einspielen wird und die Küchenlinie noch attraktiver wird. Darauf darf man entgegnen, dass die Gäste des bummvollen Lokals jetzt schon den vollen Preis zahlen – und es gibt ja prinzipiell die elegante Variante Soft-Opening-Rabatt. Rettende Engel: die schlagfertigen, aufmerksamen Kellner.

Info

Cavalluccio da Tommaso, Göttweihergasse 2, 1010 Wien, Tel.: +43/(0)1/512 22 11,
täglich 12–23.30 Uhr.

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