Der Mann und seine Krise: Recherchen im Männerland

Vollbart, Zopferl oder „Man-Bun“. Wer sich so stylt, sagt: „Ich habe mich freigemacht von den archaischen Klischees der Männlichkeit“, so Angelika Hager.
Vollbart, Zopferl oder „Man-Bun“. Wer sich so stylt, sagt: „Ich habe mich freigemacht von den archaischen Klischees der Männlichkeit“, so Angelika Hager.(c) Mauro Grigollo / Westend61 / pic (Mauro Grigollo)
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Vielleicht ist es eine Folge der #MeToo-Bewegung oder Ergebnis vieler Entwicklungen: Der moderne Mann ist in der Krise. Zumindest reden und schreiben jetzt wieder viele drüber.

Die Debatte ist nicht neu. Sie kehrt alle paar Jahre wieder, aber so laut und vehement geführt wie derzeit wurde sie schon lang nicht mehr: Der moderne Mann ist in der Krise, verunsichert und verwirrt. Wobei man an dieser Stelle von Pauschalurteilen Abstand nehmen sollte: Nicht alle, aber manche Männer fühlen sich so. Sie tun sich schwer, sich in der unübersichtlich gewordenen Welt zwischen Feministinnen und Frauenvolksbegehren auf der einen Seite und einem Retro-Machismus-Präsidenten wie Donald Trump auf der anderen Seite, einzuordnen.

Das zumindest behaupten aktuell auffallend viele Autoren, Journalisten und vor allem: Männer. Vielleicht ist das auch die Folge der #MeToo-Debatte, die uns seit einem Jahr beschäftigt. Nach dem Blick auf die Frauen, kommt nun die Bestandsaufnahme der Männer. Gleich mehrere Bücher beschäftigen sich aktuell mit dem Zustand des Mannes, der „Falter“ und das „Profil“ titelten diese Woche mit Geschichten zum Thema mit Schlagzeilen wie „Das geschwächte Geschlecht“ (Profil“) oder „Planet der neuen Männer“ (im „Falter“, der sich allerdings einem anderen Aspekt, dem aufblühenden Maskulinismus widmet). Der deutsche Autor Hajo Schumacher eröffnet sein Buch „Männerspagat“ mit einem Geständnis: „Mannsein nervt kolossal“. Er sieht in der Welt einen „Herrenmännerfimmel“ grassieren. Wobei sich die Frage aufdrängt, was Herren und Männer unterscheidet, aber gut. Schumachers Ausgangsthese für seine Recherche war aber eine neugierig-offene, er fragt nämlich: „Was ist los mit uns?“ Und: „An welchem Beispiel erkläre ich mir und meinen Söhnen, wie ein positives Männerbild aussieht?“ Die alten Konzepte von Männlichkeit seien nämlich erledigt, „die neuen noch sehr unscharf.“ Also macht er sich auf die Suche, um, wie er selbst schreibt „meiner Verwirrung näherzukommen und einen halbwegs verlässlichen Männerkompass in Geist, Herz und Händen zu halten.“ Hajo Schumacher bleibt dabei auffallend positiv und vor allem neugierig, man spürt seine Grundhaltung „Versöhnen statt spalten“, sogar wenn er betont, dass ihm „Männer-Bashing gehörig gegen den Strich geht“. Vor ein paar Jahren waren Kollegen wie Ralf Bönt noch deutlich wehleidiger. In seinem Buch „Das entehrte Geschlecht“ sah er sich und seine Geschlechtsgenossen notorisch unverstanden und zu Tätern abgestempelt. Aber auch die Frauen waren in dieser letzten größeren Männer-debatte, die das deutschsprachige Feuilleton 2012 eingeholt hatte, nicht zimperlich. So schrieb beispielsweise „Die Zeit“ damals angriffig über die viel zu lieben und melancholischen „Schmerzensmänner“, unter denen Frauen leiden würden.

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