Die Jüdin, die Bahrain vertritt

Vorurteilen sei sie eher in Großbritannien begegnet als in ihrer Heimat Bahrain, sagt die Diplomatin Houda Nonoo – hier im Wiener Hotel Intercontinental.
Vorurteilen sei sie eher in Großbritannien begegnet als in ihrer Heimat Bahrain, sagt die Diplomatin Houda Nonoo – hier im Wiener Hotel Intercontinental.(c) Akos Burg
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Houda Nonoo war die erste Botschafterin der arabischen Insel in Washington. Sie entstammt einer kleinen jüdischen Gemeinde, die weiterhin und rasch schrumpft.

Der Anruf hat ihr Leben verändert, und wie das so oft ist bei einschneidenden Situationen, kann sie sich sehr genau an die Details, an die Umstände erinnern. Der Anruf kam am 24. April um 15:17 Uhr, und am anderen Ende der Leitung war der Außenminister. Er habe gute Neuigkeiten von König Hamad bin Isa al Khalifa höchstpersönlich für sie, sagte er also; er werde sie als Botschafterin ihres Landes für die Vereinigten Staaten nominieren. Wie? Ob er sich sicher sei, fragte die perplexe Houda Nonoo nach: „Ich weiß nicht, wie ein Botschafter arbeitet.“

Ein Nein kam auch nicht wirklich in Frage. Nur wenige Monate nach dem Anruf landete Nonoo in Washington, und spätestens mit ihrem Amtsantritt kamen auch die Schlagzeilen. „Erstmals wird eine Jüdin aus einem arabischen Land Botschafterin in Washington“, hieß es da. Oder: „Erstmals ernennt Bahrain eine Botschafterin“. Rückblickend sagt Nonoo, dass sie diese Manifestierung auf „Frau“ und „Jüdin“ schon geärgert habe. „Als Botschafterin“, sagt sie, „bin ich als erstes Bahraini. Dann Frau und Jüdin.“

Houda Ezra Ebrahim Nonoo wurde auf der kleinen Insel am Persischen Golf geboren, sie entstammt einer jüdisch-irakischen Familie, die sich vor mehr als 100 Jahren hier angesiedelt hat. Ursprünglich wollten ihre Vorfahren nach Indien auswandern, aber auf dem Weg dorthin machte das Schiff hier Halt – und der Großvater blieb auf der Insel, die seit dem Ende des 18. Jahrhunderts von der Familie al Khalifa beherrscht wird. Er stieg ins Goldgeschäft ein. Die Enkelin sagt heute: „Wir wurden nicht angefeindet, wir hatten keine Probleme mit Antisemitismus. Jeder hat gewusst, wer wir sind.“ Ihre Studien nahm Nonoo in Großbritannien auf, zunächst in einer jüdischen Privatschule, wo sie durchaus auffiel, wie sie erzählt. „Da wurde ich schmutzige Araberin genannt. Das kam vor.“ Um das familiäre Geschäft zu übernehmen, kehrte Nonoo nach ihrem Management-Studium in den Nahen Osten zurück, es war ein ungewöhnlicher Schritt. Die jüdische Gemeinde in Bahrain ist in den vergangenen Jahren stark geschrumpft: Die Jungen würden für immer ins Ausland gehen, bedauert Nonoo. Jüngst ist ihr Onkel verstorben, somit hat sich die kleine Gemeinde auf 36 Mitglieder reduziert.

Das Frauenbild. Die Insel Bahrain ist mit 1,5 Millionen Einwohnern kleiner als Wien, etwa die Hälfte von ihnen sind Migranten. Die sunnitische Königsfamilie herrscht über eine schiitische Mehrheit, das hat in der Vergangenheit zu tiefgreifenden Konflikten geführt, etwa während des Arabischen Frühlings 2011. Bahrain wird von Menschenrechtsorganisationen immer wieder scharf kritisiert, das betrifft insbesondere die Pressefreiheit sowie die Rechte von Frauen. Das Königshaus selbst bemüht sich um ein anderes Bild: In der 40-köpfigen Ratsversammlung (Schura-Rat), die der König beruft, sitzen derzeit neun Frauen. Auch Nonoo saß im Schura-Rat, ehe sie nach Washington befördert wurde. Dort habe sie sich insbesondere für die Rechte der migrantischen Arbeiter eingesetzt, erzählt sie. Die Bedingungen für ihre Unterkunft hätten sich gebessert, die Visa-Regulationen ebenso.

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