Unser Reiseverhalten ändert sich, durch große Themen, kleine Ideen. Hier sind zehn davon.
15.01.2019 um 18:39
Get involved! Mitmachen, dazugehören, gemeinsam statt einsam: Immer mehr Urlaubsangebote zielen darauf ab, das Wir-Gefühl zu stärken. Die „Feldküchenabende“ in Kooperation mit den Österreichischen Bundesforsten sind Pop-up-Restaurants unter freiem Himmel. Bei der Ausgabe 7.4.1 bereiteten die Profiköche Edi und Alain am Ufer des Hallstätter Sees Streetfood mit Reinanken zu. Davor war Gelegenheit, fünf Tage lang auf den See hinauszufahren, Netze auszuwerfen und zu fachsimpeln.
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In Slowenien, das heuer das „Jahr der Bienen“ begeht, werden sogenannte Api-Camps, Schnupperkurse für Hobby-Bienenzüchter, veranstaltet. Im Kärntner Bergdorf Irschen gibt es während der Kräuter-Ferienakademie DIY von Cremes und Körperlotions. In Barcelona eröffnete 2014 das erste Bäckerei-Hotel der Welt, in dem es echt hausgemachtes Brot gibt und die Gäste mit dabei sind, wenn ihre Croissants aus dem Ofen kommen. Auf den Cook Islands im südlichen Pazifik werden Touristen in Privathäuser eingeladen und kochen mit. So entsteht Kontakt auch ohne Sprachkenntnisse. feldkueche.squarespace.com, www.slovenia.info, www.kraeuterdorf.at, www.hotelpraktikbakery.com, www.cookislands.travel, www.coco-tours.at
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Die Revolution des Reisens steht unmittelbar bevor. Das erste fliegende Auto der Welt, das „Aeromobil 4.0“ wurde in der Slowakei entwickelt und soll noch heuer auf den Markt kommen. Auch das niederländische Unternehmen Pal-V kündigt für Ende 2018 die Auslieferung der ersten Serienmodelle von Taxidrohnen an. Sie sehen aus wie Minihelikopter, werden mit Elektromotoren angetrieben und haben Platz für einen Passagier. Die chinesische Taxidrohne E-184 kann sogar zwei Personen an Bord nehmen und soll in Dubai ab 2018 dafür sorgen, dass Businessmenschen, die es eilig haben, statt im Stau zu stehen, 300 Meter über dem Boden schweben und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h von A nach B gelangen. Das Unternehmen Ehang Inc. plant, Verträge mit Saudiarabien, Singapur und einigen europäischen Städten abzuschließen.
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Das Zehnfache an Geschwindigkeit erreichen die Hyperloop-Transporter der amerikanischen Firma HTT. Die futuristischen Kapseln schießen mit 1200 km/h durch lange Röhren und können bis zu 40 Passagiere aufnehmen. Prototypen wurden in Kalifornien bereits getestet. Erste Modelle sollen schon heuer in einem neu gegründeten Forschungs- und Entwicklungszentrum im französischen Toulouse präsentiert werden. Mit Dubai wurde bereits ein Übereinkommen unterzeichnet, in Brno wird an einer Hyperloop-Verbindung nach Bratislava gearbeitet. www.visitdubai.com, www.toulouse-tourismus.de
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Hinter „Karmalaya – heart work & soul travel“ verbirgt sich ein Reise-Start-up aus Salzburg, das auf „Voluntourismus“ beruht. Die Idee: Im Rahmen einer gebuchten und bezahlten Tour wird Freiwilligenarbeit in sogenannten Entwicklungsländern geleistet. Wer sich dazu entschließt, erlebt authentisches Reisen in entlegenen Regionen Nepals, Ugandas und Indonesiens. www.karmalaya.com
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Und auch Freude. Denn aus manchen Projekten entstehen Initiativen, die dazu beitragen, den Gastgeberinnen ihren Lebensunterhalt zu sichern. Beim Frauen-Empowerment-Programm in Uganda stellen sie in Kooperation mit den Gästen hochwertigen Schmuck aus Papier her. Karmalaya wird von GEO Reisen als Vertriebspartner und Multiplikator unterstützt. Weiters: Elefantenschutz-Workcamp auf Sumatra und Bali, „Wildlife & Culture Tour“ durch Uganda, Silent-Trek, Klosterreise, Apfelernte-Workcamps in Nepal.
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Menschen aus Ballungsräumen suchen „Gegenwelten“ – aber mit hohem Komfort. Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt Substanz, die Nachfrage nach sozial- und umweltverträglichem Reisen steigt. Komplette Mobilität im Ferienort auch ohne eigenes Auto – darauf haben sich „Alpine Pearls“ spezialisiert, in Österreich etwa in Werfenweng, Mallnitz oder am Weißensee. Das Projekt „Tirol auf Schiene“ verfolgt ebenfalls ein Umweltziel: Den Anteil der Gäste, die per Bahn anreisen, von derzeit rund fünf Prozent auf zehn Prozent im Jahr 2020 zu steigern. Heute schon bekommen Ötztal-Urlauber eine „Premium Card“ zugeschickt, die ihnen die kostenlose Anreise vom Bahnhof zur Unterkunft ermöglicht. Auch Regionen wie Stubaital und Kaiserwinkl bieten solche Shuttleservices an.
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Selbst entferntere Ziele wie Montenegro sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen und setzen auf nachhaltigen Naturtourismus: ein Balkanland mit zerklüfteten Bergen, mittelalterlichen Dörfern, schmalen Strandabschnitten und EU-Beitrittsoptionen. Naturerlebnisse abseits des Ausgetretenen – dafür steht auch Albanien. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit hat den Tourismus dort gezielt gefördert, indem sie kleinen Bauern Kredite zum Ausbau von Ferienwohnungen gewährte. Jetzt trägt die Politik Früchte: Albanien gilt unter Wandertouristen noch als Geheimtipp. Im Norden liegen die „albanischen Alpen“ mit ihren Hochtälern – kürzlich durch den Fernwanderweg „Peaks of the Balkans“ erschlossen. www.alpine-pearls.com, www.tirolwerbung.at, www.montenegro-adria.de, albania.al
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Kann Heimat modern sein? Können abgelegene Bergdörfer mit neuem Leben erfüllt und tot geglaubte Orte wach geküsst werden? Ja, meint Trendforscher Matthias Horx. Es gelingt durch kluge Maßnahmen und/oder ikonografische Architektur – eine Therme, eine Konzerthalle, ein Museum wie die kürzlich eröffnete „Wunderkammer des Brotes“, die Asten unweit von Linz plötzlich in die Schlagzeilen brachte. Oder über Rückbesinnung: In Innervillgraten bemüht man sich, mit engagierten Architekten alte oder nicht mehr genutzte Bauernhäuser nach- oder umzunutzen.
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Ein Leuchtturmprojekt gibt es schon: das über 300 Jahre alte „Giatla Haus“, alleinstehend auf 1640 Metern, behutsam renoviert. In Bad Gastein, dem fashionablen Kurort von anno dazumal, stand viel leer. Heute sieht man auffällig viele Bartträger. Bad Gastein ist wieder hip als „Treffpunkt der Globalkreativen“. Auch Payerbach-Reichenau nutzt dieses Fin-de-Siècle-Flair. Im Herbst öffnete der Riegelhof seine Tore. Das großbürgerliche Ferienhaus diente etwa Heimito von Doderer als Originalschauplatz. Nun soll hier gelesen, geschrieben, nachgedacht, geträumt, gegessen, gefeiert sowie gelacht werden. www.alfenalm.at/giatla-haus, www.gastein.com, www.riegelhof.com
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Als „Knotenpunkte der Hoffnung“ bezeichnet der aktuelle „Zukunftsreport“ ehemalige Krisenregionen, deren Entwicklung nun positiv verläuft. Aus erklärlichen Gründen wurden diese Gegenden bisher eher gemieden und bieten sich nun für Entdeckungen geradezu an. Kolumbien (Cano Cristales im Bild) etwa hat es nach Jahrzehnten geschafft, seinen Bürgerkrieg zu beenden. Die Vielfalt und Schönheit des Landes veranlasste „Lonely Planet“, den Andenstaat 2017 auf Platz zwei der „sehenswertesten Destinationen des Jahres“ zu reihen. Salsa und Feste gehören dort zum Lifestyle.
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Im Chingaza-Nationalpark (im Bild) sind Kondore, Pumas und Bergtapire zu sehen. Touren führen auf den über 5200 Meter hohen, vergletscherten Gipfel des Nevado del Tolima. Schon allein das grandiose Goldmuseum in Bogotá würde die weite Reise rechtfertigen, meint Christian Hlade von Weltweitwandern. Auch auf dem afrikanischen Kontinent tun sich einige „Hubs of Hope“ auf: Da ist zunächst Ruanda mit seiner Hauptstadt Kigali – eine Stadt, die in Sachen Umweltschutz als vorbildlich gilt. Dann Accra, die pulsierende Metropole im Herzen von Ghana, und Lagos in Nigeria, das zum Epizentrum der „Generation Global“ heranwuchs. Nicht zu vergessen Botswana mit seinen spektakulären Lodges in menschenleerer und tierreicher Wildnis oder Senegal, wo einem überall diese eine, sehr spezielle, respektvolle Form von Humor begegnet.www.zukunftsinstitut.de, www.weltweitwandern.at, www.jedek-reisen.at
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Smartphone-freie Seminare sind in den USA bereits ein florierender Wirtschaftszweig. In wie Pfadfinderlager organisierten Camps werden Methoden des reflektierten Medienkonsums gelehrt. Teilnehmerinnen müssen ohne Hilfe des Internets bestimmte Aufgaben lösen: Wie entzünde ich ein Lagerfeuer? Wie mache ich ohne Rezept eine Barbecue-Sauce? Wie erreiche ich einen Punkt im Wald ohne Routenplaner? Auch die Österreich Werbung hat das Thema „Urlaub ohne Smartphone und Internet“ aufgegriffen. Auf austria.info.at finden sich, gelistet nach Bundesland, Digital-Detox-Unterkünfte vom feinen Chalet bis zur Selbstversorgerhütte ohne Strom.
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„Die Wurzelwerkstatt“ nennt sich ein Offline-Camp nahe von Lunz am See zu den Themen Kreativität, Bewegung, Ernährung. Die Tage vergehen mit Yoga, Spaziergängen, Kochen, Essen, Kreativ-Workshops. Das Ziel: Innehalten, dankbar sein, das Smartphone im Koffer lassen. Manche Destinationen haben sich auf „Silent Trekking“ spezialisiert. Im finnischen Naturschutzgebiet in der Nähe der Großstadt Oulu gehen Stressgeplagte auf Stille-Touren und werden durch gezielte Übungen angeleitet, ihre Sinne zu stärken. „Silent Trekking“ wird auch im Tien-Shan-Gebirge in Kasachstan angeboten. Weil auch das Schlafen mittlerweile zur Kategorie der fast schon verlernten Fähigkeiten gehört, hat die Wirtschaftskammer 2017 einen „Trend-Guide-Schlafen“ herausgebracht. Hoteliers im Waldviertel haben das Thema aufgegriffen und bieten „Langschläfer-Auszeit-Packages“ mit serviertem Frühstück oder Buffet bis 12 Uhr an. www.austria.info.at, www.digitaldetoxcamp.at, https://soundsilence.fi, http://adrenalinicsilence.kz, www.waldvier-tel.at, https://news.wko.at
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Statt zu sagen: „Ich flieg nach Lissabon“, heißt es neuerdings: „Ich bin ein paar Tage in Belém.“ Der Stadtteil im Westen Lissabons liegt direkt am Ufer des Tejo und hat alles, was Lissabon auch hat: Paläste, Denkmäler, Museen, Kirchen, Parks, Plätze, Pastelarias. Nur lässt sich im Kleinen alles leichter erfassen und intensiver erleben. Das Gleiche gilt für andere Metropolen. Lieber den Mikrokosmos ergründen als sich den Stress antun, alles sehen zu wollen. Die Tage damit verbringen, in die Haut der „echten“ Stadtbewohner zu schlüpfen.
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So tun, als wäre man einer von ihnen. Das funktioniert vor allem gut in der Nähe von Märkten. Banglampoo in Bangkok etwa, wo fast jedes Gebäude, jeder Tempel und jeder Marktstand eine Geschichte erzählt. Ähnlich geht es rund um den Marché des Capucins in Bordeaux zu, wo vor den kleinen Bistros die Kreidetafeln mit den Menüs stehen. Und nicht zufällig haben die Grätzlhotels ihr erstes Objekt in Wien am Karmelitermarkt eröffnet. Mittlerweile hat sich das Konzept durchgesetzt: Hotelzimmer und Suiten in ehemals leer stehenden Geschäftslokalen sind begehrt. www.visitlisboa.com, www.bangkok.com, www.france.fr, www.graetzlhotel.com
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Urban Explorer suchen verlassene Gebäude auf der ganzen Welt und dokumentieren ihren Verfall. Immer mehr Menschen fasziniert das Thema, die Bildern bekommen Tausende Likes, täglich werden neue gepostet. Dabei geht es nicht nur darum, die bekannten Lost Places „abzuklappern“. Die echten Urbexer wollen neue Locations finden. Das Suchen und Finden verleiht ihnen den Adrenalinkick. Auch in Österreich gibt es Lost Places zur Genüge: Villen, Seilbahnstationen, Fabrikshallen, Bunker, Flaktürme, Grand Hotels etc.
(c) flickr/Gromant123 (CC BY-SA 2.0)
Generationen später begibt man sich gern an eigene Kindheitsziele. Plötzlich sind Strandtage an der oberen Adria wieder gefragt, unbekümmerte Wochen zwischen Campern an der Kvarner Bucht und der dalmatinischen Küste (im Bild), das erste Inselhüpfen in Griechenland, die Partys auf Ibiza, Mallorca, und überhaupt: Interrail.
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Zugleich steigt mit der Wiedererfahrung Europas das Interesse an dessen tieferer Erkundung: Vor allem Italien ist immer für eine feine Kulturreise gut, sei es nach Sizilien, sei es in die Toskana oder nach Apulien, hier bietet Spezialist „Italien erleben“ Anspruchsvolles. Noch tiefer in die Antike dringt man in Griechenland ein – auf der Insel Delos (im Bild) und in der sich stark verdichtenden Museumslandschaft Athens. Und wer in große aktuelle Kreativzusammenhänge eintauchen will, steuert heuer eine Kulturhauptstadt an: Valletta und das friesische Leeuwarden. www.italien-erleben.at, www.friesland.nl, www.visitvalletta.de
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Wohin denn jetzt?
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