Italien: Sommerfrischetage, um Wochen vorgezogen

Bücher kaufen in Venedig, Bücher auslesen am noch ruhigen Strand in Jesolo. Oder auf dem Balkon der schicken Falkensteiner-Hotels.
Bücher kaufen in Venedig, Bücher auslesen am noch ruhigen Strand in Jesolo. Oder auf dem Balkon der schicken Falkensteiner-Hotels.Falkensteiner Hotel & Spa Jesolo
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Jesolo rüstet sich für die Saison. In dem Badeort in der Lagune von Venedig findet man im Frühjahr, vor Beginn des Gästeansturms, entschleunigte Erholung. Und Venedig ist nah.

Zwei West-Highland-Terrier tollen im Sand, die Besitzerin, weit dahinter, schaut konzentriert auf den Boden, um diese Zeit lohnt sich die Suche nach bizarren Muschelschalen, auf dem am Morgen beinahe menschenleeren Strand gibt es kaum Sammlerkonkurrenz.

Jesolo im Frühjahr hat einen eigenen Charme. Die Stege, die alle paar hundert Meter zum Meer führen, scheinen im Nichts auszulaufen. Ohne Sonnenschirme und Liegen wirkt die Sandlandschaft majestätisch und beruhigend, für Menschen, die Ruhe zum Ausspannen oder Arbeiten suchen, ideal. Manche der zahlreichen Hotelanlagen haben noch geschlossen, rüsten sich aber bereits sichtbar für den kommenden Ansturm, es wird geputzt, neu lackiert und ausgemistet. Mit Brettern geschützte Fenster werden freigelegt, Planen von den Pools entfernt. Manches Objekt wurde neu-, um- und ausgebaut. Nur ein Areal am Lido schlummert offenbar schon einen langen Dornröschenschlaf, das Stella Mare, eine ehemalige Ferienanlage (das Wort Resort gab es damals wahrscheinlich noch nicht für diese Art von Hotelkomplex) mit villenartigen Gebäuden und einem weitläufigen palmenverwachsenen Grundstück, das von vergangenen Zeiten erzählt, als man Feriengästen noch mehr Platz zugestand und nicht jeden Zentimeter verplante.

Einheimische und Besitzer von Apartments gehen auf der Promenade spazieren oder fahren mit dem Rad, in den Nebensaisonen ist das Befahren des Promenadenwegs mit Fahrrädern erlaubt, im Sommer, wenn es wuselt vor Touristen, nicht mehr.

Lektüre und Wasserstand

In einem Minishop sitzen eine alte Frau und ein kleines Mädchen – Großmutter und Enkelin – hinter der Verkaufstheke. Ein riesiges weißes durchbrochenes Tuch liegt ausgebreitet darauf, die Großmutter arbeitet an einem Meer von Spitzen inmitten von Schnüren und Holzstäbchen, es handelt sich wohl um eine komplizierte Klöppelarbeit. Deren Ursprung ja in Italien vermutet wird. Die Enkelin blättert in einem „Topolino“-Taschenbuch. Ob sie dieses uralte Handwerk noch lernen wird?

Wer Lesestoff für erholsame Tag am Lido sucht und eine größere Bücherauswahl als im Minishop: Venedig ist schnell erreicht. Am Hafen Punta Sabbioni an der nördlichen Südwestspitze des Lido fahren regelmäßig Schiffe zwischen Jesolo und der Lagunenstadt, auch die Jolly Roger, ein Veranstaltungsschiff im Stil einer alten Galeone, liegt hier vor Anker. Vom Busbahnhof im Zentrum des Badeorts gehen stündlich Busse nach Mestre und Santa Lucia. Von diesem Stadtbahnhof sind es ungefähr dreißig Minuten zu Fuß quer durch die verwinkelten venezianischen Gassen, bis in die Calle Longa Santa Maria Formosa. Dort befindet sich die Libreria Acqua Alta, ein skurriles Buchantiquariat, dessen Name auf das Hochwasser in Venedig Bezug nimmt, von dem die Einwohner der Innenstadt jährlich, vor allem im Winter, heimgesucht werden. Von einem verheerenden Wasserschaden zeugen die meterhohen Stapel der beschädigten Bücher in zwei Hinterhöfen. Alte Folianten sowie moderne Hardcovers hat es gleichermaßen erwischt, die Bücher sind treppenartig aufgebaut, damit man sie begehen kann. Vom höchsten Punkt des Bücherbergs blickt man in einen Kanal, wenn man Glück hat, fährt ein Gondoliere vorbei. Das Innere der Libreria ist ein höhlenartiges Labyrinth und der wahr gewordene Traum aller Büchermenschen, im Hauptgang steht eine ausrangierte Gondel.

Leuchtturm als Magnet

Zurück nach Jesolo fährt man am besten mit einer Fähre: Die Riva degli Schiavoni, an der der Canale della Guidecca und der Canale di San Marco ineinander übergehen und von der die Schiffe nach Punta Sabbioni ablegen, ist von der Libreria zu Fuß in 15 Minuten erreichbar, außer man verirrt sich in dem Gassen- und Kanalgewirr.

Noch einmal am Lido spazieren gehen, zum schwarz-weiß gebänderten Leuchtturm von Jesolo, denn Türme besitzen eine magische Anziehungskraft. Dieser heißt Piave Vecchia, liegt an der Mündung des Flusses Sile und teilt die Küste von Cavallino und Lido di Jesolo. 1846 wurde er unter österreichischer Regierung für militärische Zwecke erbaut, im Zweiten Weltkrieg zerstört und ab 1949 neu errichtet. Er ist 48 Meter hoch, 243 Stufen hat die Wendeltreppe aus istrischem Stein, und sein Signal leuchtet 18 Seemeilen weit.

Der Weg zurück scheint kürzer als der Hinweg, das ist ein vertrautes Phänomen. An der Promenade sitzen und auf das Meer schauen – die Entschleunigung wirkt. Die zwei West-Highland-Terrier sind auch wieder da und graben im Sand. Die Zeit bekommt eine andere Bedeutung, das Meeresrauschen und die leichte Brise lassen den Alltag endlich verstummen.

VORSAISON AM LIDO UND IN DER LAGUNE

Unterkunft: Hotel Falkensteiner und Spa Jesolo (Fünf Sterne), Lido di Jesolo. Das Hotel verfügt über einen großzügigen Spa-Bereich mit Indoor- und Outdoorpool. Ganzjährig geöffnet. www.falkensteiner.com/de/hotel/jesolo

Ausflug: Die Jolly Roger bietet unterschiedliche Veranstaltungen und themenbezogene mehrgängige Abendessen bei einer Rundfahrt durch die Lagune. www.jollyroger.it

Buchhandlung Libreria Aqua Alta, Calle Longa Santa Maria Formosa, 5176 – Castello, 30122.

Murano, die Insel der Glasbläser. Z. B. das Atelier Massimiliano Schiavon Art Team. Dieses Studio hat sich zwar auf kunsthandwerkliche Objekte auf Bestellung spezialisiert, im Shop gibt es erwerbbare Glasartefakte. www.massimilianoschiavon.com

Compliance: Die Reise wurde von der Falkensteiner Hotelgruppe unterstützt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2018)

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