Amanshausers Album: Rassismus

Reisenden bleiben die Katastophen oft verborgen, etwa die Verfolgung und Vertreibung der Rohingya aus Myanmar (hier im Flüchtlingscamp in Bangladesch).
Reisenden bleiben die Katastophen oft verborgen, etwa die Verfolgung und Vertreibung der Rohingya aus Myanmar (hier im Flüchtlingscamp in Bangladesch).(c) Reuters (Soe Zeya Tun)
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80 - In unseren Wohlstandsländern ist der Hass auf Arme und Dunkelhäutige enorm.

Die Nachbarn aus Obertupfing gelten in Untertupfing als Vollidioten – und umgekehrt. Gegen die Hauptstadt Zentraltupfing halten die Dörfer allerdings zusammen. Und selbstverständlich auch gegen die Bewohner von Dunkle-Hautfarben-Tupfing, die lügen, stehlen und plündern. Ob wir uns – nur Beispiele – in Sri Lanka (Tamilen), in den USA (Schwarze), in Myanmar (Rohingya) oder in Bulgarien (Roma) befinden, dunklere Hautfarbe wird von den Mehrheitsgesellschaften als Drohgebärde interpretiert. Beim Zuhören könnte man meinen, unsere Spezies werde mit stärkerer Pigmentierung fauler und dämonischer. 

Auf Reisen begegnen mir oft jene globalen Denkkonstrukte, die unseren Blick auf „das Fremde" beherrschen. Erlernten Rassismen werden einzelne Negativerlebnisse zugeordnet, wodurch sich die „Meinung" bildet, mit dem Wesen oder Charakter der Dunkelhäutigen stimme doch etwas nicht. Die derart Diskriminierten, höre ich, seien in Wahrheit die Bösewichte – eine notdürftig kaschierte Opfer-Täter-Umkehr. Gern erhalten Alltagsrassisten mediale Unterstützung durch Kriminalitätsstatistiken, die ­wiederum nichts anderes als soziale Ungleichheit abbilden. Kriminalität lässt sich ja nirgendwo auf Abstammung zurückführen, auf Arbeitslosigkeit jedoch durchaus.

Die populistischen Parteien verdanken ihren Erfolgslauf der wohlbekannt-genialen Mischung aus Exklusion von Bevölkerungsgruppen, Verallgemeinerung und Panikmache. Im Vergleich von – Beispiele – Sri Lanka, den USA, Myanmar oder Bulgarien verblüfft mich immer, wie ähnlich globale rassistische Stereotype einander sind und wie leidenschaftlich Vorurteile verteidigt werden. „Du lebst nicht hier, kennst dich halt nicht aus!", lautet das Totschlagargument.

Doch genauso wie die parallele Existenz sämtlicher Götter aller Religionsgemeinschaften uns daran erinnern sollte, dass keiner „der richtige" Gott sein kann, genauso unwahrscheinlich ist es, dass sich eine Minderheit durch Faulheit oder sonstige üble genetische Anlagen von der Mehrheit unterscheidet. Reisen eignet sich ideal als Gegengift gegen die weltweit latente Rassismusinfektion.

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