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Am Suvarnabhumi International Airport in Bangkok gibt es alles Mögliche, aber Selbstverständliches wie die Printausgabe der „Bangkok Post“ ist schwer aufzutreiben.
Am Suvarnabhumi International Airport in Bangkok gibt es alles Mögliche, aber Selbstverständliches wie die Printausgabe der „Bangkok Post“ ist schwer aufzutreiben.(c) REUTERS (Athit Perawongmetha)
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84 - Auf den Flughäfen gehen ihnen die Zeitungen aus. Ein Plädoyer für eines der schönsten Produkte.

Wenn Sie diese Zeilen lesen, halten Sie mit gewisser Wahrscheinlichkeit ein Produkt aus Papier in der Hand. Doch die Zeitungen werden weniger, sie werden dünner, sie lösen sich gleichsam in der wohl irrsten Epoche der Menschheitsgeschichte auf, man könnte sagen, sie verdünnisieren sich im Netz. Klar ist Digitalisierung eine feine, praktische Sache. Aber die „accelerated culture", die Douglas Coupland ironischerweise in einer Zeit so bezeichnete, als die Welt sich noch ziemlich gemächlich drehte, verursacht nicht nur im Medienbereich Kollateralschäden. Man denkt zunächst an die Causa prima der Erde, an die mittlerweile nur mehr von Spinnern, Zynikern und dem beides in sich vereinenden US-Präsidenten bezweifelte globale Erwärmung, an deren Auswirkungen wir live teilhaben.

Neulich ging ich durch den Suvarnabhumi International Airport, Bangkok. Links und rechts stapelte sich der Duty-Free-Dreck. Ich hatte es etwas eilig, wollte aber vor Abflug noch eine Sache kaufen – die Tageszeitung „Bangkok Post". Auf Papier. Nur fand ich keine Ausgabe, nirgends, auch nicht im Buchshop. War mein Gehirn vernagelt, oder hatten sie dieses Produkt irgendwo hinter Alkoholika, Protzuhren und Gesichtscremes verräumt?

Ich beobachtete mich bei der frucht­losen Suche, sah, wie mein eigenes ­Verhalten – a) verzweifeltes Tippen auf meinem Mobiltelefon, um das Wireless zu aktivieren, b) meinem Flug entgegeneilend, mit ihm die globale Erwärmung aktiv fördernd – nichts Positives beitrug, weder zum Erreichen meines Zeitungskaufsminimalziels noch zum Erreichen irgendwelcher Klimaziele.

Meine private Widersprüchlichkeit inmitten der ­globalen stimmte mich einfach nur ­traurig. Ich ging wie ferngesteuert zum Gate, zog den Kopf ein, gab auf. Die ­hatten hier keine „Bangkok Post". Draußen schlug der Planet Kapriolen. Und nicht einmal das Wireless lief.

Später dachte ich: Falsches Verhalten. Ich sollte regelmäßig und überall eine Printzeitung verlangen, besonders, weil ich ja auch in einer schreibe. Ich finde, es ist eines der schönsten Produkte, nicht nur auf Flughäfen. 

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