Skandinavien

Skifahren in Norwegen ist Ansichts- wie Konditionssache

Wenig Piste, viel Terrain: Skifahren in Norge ist anders. Manchmal kommt man mit dem Schiff. Manchmal endet die Skitour am Meer.
Wenig Piste, viel Terrain: Skifahren in Norge ist anders. Manchmal kommt man mit dem Schiff. Manchmal endet die Skitour am Meer.Visit Lyngenfjord
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Aufstieg am Fjell, Abfahrt zum Meer: In Norwegen will man nicht bloß auf der Piste bleiben, sondern auch Touren gehen. Die Berge, der Schnee, die Stille, die Aussicht entschädigen jede Anstrengung.

Wenn skibegeisterte Skandinavier die Alpen großartig finden, dann oft wegen der riesigen Skigebiete, der zünftigen Hütten, ja auch des Halligalli im Schnee. Wenn skibegeisterte Österreicher die Skanden großartig finden, dann oft wegen der wenig erschlossenen Gebiete, der privaten Hütten, ja auch der Stille im Schnee. Diese wechselseitige Faszination führt im internationalen Wintersporttourismus zu einem – freilich ziemlich kleinen und nach wie vor einseitigen – Gegenverkehr. Steigen doch etliche Norweger nach Salzburg und Innsbruck in den Flieger, geht das allerdings auch umgekehrt in Richtung Oslo, Stavanger oder Bergen (und dann weiter).

Auf den Hochebenen

Orte wie Hovden sind klassisch norwegisches Urlaubsgebiet: Man besitzt oder mietet dort eine Hütte, verteilt die sportlichen Aktivitäten auf Pistenskier, Tourenskier und Langlaufskier. Der kleine Ort liegt am Südrand der riesigen, leeren Hardangervidda, in einer Abfolge von baumlosen Fjells und eingeschneiten Seen. Bereits Ende der Sechziger wurden hier Lifte errichtet, aber das ist nur ein Angebot – hier draußen in der Weite wird der Skifahrer gern zum Freerider. Unweit für norwegische Verhältnisse liegen in der Telemark ein paar kleinere Skigebiete im Verbund wie das Rauland Ski Resort, Gaustablikk Skisenter oder das Skigebiet am Haukelifjell. Eine gemütliche Geschichte für Familien, aber auch fordernd im Gelände, wenn man die Piste verlässt. hovden.com, visittelemark.com

Die Pistengröße

Norwegens größter Skizirkus kann dimensional mit einem mittelgroßen in Österreich mithalten: 31 Lifte, 71 Kilometer Pisten und Berge, die für ostnorwegische Verhältnisse gar nicht so niedrig sind, nämlich bis zu 1132 Meter hoch. Hier gleicht die Infrastruktur auch der heimischen am meisten – mit Hotels bis in die Premiumliga, einiger Gastronomie und zusätzlichem Freizeitangebot. Doch die Landschaft unterscheidet sich stark von der alpinen Faltung: Das Gelände neigt dem Runden zu, die Vegetation dem Spartanischen, abgeschliffene Rücken unter Tiefschnee, nur halb mit Fichten bewachsen und von 100 Kilometern Loipe umgeben. Das zu Ski-Star gehörende Skigebiet liegt 200 Kilometer von Oslo, ab Dezember 2019 in der Nähe (40 Minuten) soll der Scandinavian Mountain Airport eröffnet werden. trysil.com

Nördlichste Höhen

Gegenprogramm zu den weitläufigen Fjells sind die Lyngenalpen ganz in Norwegens Norden. Diese steilen, felsdurchsetzten Berge liegen unweit von Tromsø auf einer Halbinsel. Der Jiekkevárri ist mit 1834 Metern der höchste in der Reihe markanter Erhebungen und inmitten einer Ansammlung von 140 Gletschern. Skizirkus gibt es hier keinen, sondern der Skifahrer soll schon eigenen Antrieb, Kondition, Erfahrung im Tiefschnee und mit alpinen Gefahren mitbringen. Und sollte einen Bergführer buchen. Manch Route durch diese traumhaften Hänge und Couloirs ist so schwer zugänglich, dass die Skitourengeher beziehungsweise -bergsteiger diese nur über den Seeweg erreichen. Bringt mit sich, dass es in Lyngen „Ski and Sail Expeditions“ gibt: Man wohnt auf dem Schiff und unternimmt jeden Tag an einer anderen Stelle eine Skitour. Die klassische „Hytte“ zum Mieten gibt's freilich auch. Die Saison hier oben läuft vom März bis in den Juni, fast ohne Einschränkung, denn ab April ist es hier kaum mehr Nacht. Wer allerdings früher dran ist, dem zeigt sich vielleicht noch ein Nordlicht in der Kälte. visit-lyngenfjord.com

Vom Gipfel zum Meer

Eine ähnliche Erfahrung, nämlich vom höchsten Punkt viele Hundert Höhenmeter in Richtung Meer abzufahren, haben Skifahrer auch auf den Lofoten. Ebenso kann man sich bei der berühmten Inselgruppe auf dem Boot einquartieren und tagsüber zwischen bizarren Gipfeln, schütteren Birkenwäldchen, über gletschergeschliffenes Terrain aufsteigen. An mancher Stelle der Lofoten ist das Skibergsteigen eine größere Herausforderung, die Abfahrt durch die wilden Faces sind es ebenso. Für Touren, etwa auf den Rundtinden oder den Geitgaljartinden, schließt man sich am besten einer Gruppe an, Skiguiding wird hier überall geboten. Typisch übernachtet man hier in einer „Hytte“, wer's ganz traditionell erleben mag, in einem „Rorbuer“, in einem traditionellen Fischerhaus auf Pfählen zwischen Schärenküste und Meer. lofoten.info

Bei den großen Fjorden

In Fjordnorwegen liegen die bekanntesten Größen auf Norwegens Urlaubslandkarte: der Geiranger- und Sognefjord, Attraktionen wie der Preikestolen, der Jostedalsbreen und der Trollstigen, die Städte ?lesund, Bergen, Stavanger. Doch hier kann man im Hinterland auch ganz hervorragend Ski fahren. Es gibt kleinere Resorts wie Voss, Myrkdalen oder Sirdal. Und umso mehr unglaubliches Gelände für Skitourengeher. „Hike to ride“ ist vor allem im höchsten Gebirge Norwegens, dem Jotunheimen, ein Thema. Auf Höhen über 2000 Metern zeigt sich das Gelände mitunter sehr schroff, von Gletschern überlagert und zerfurcht, steil fallen die Hänge in Trogtäler ab, und dann tun sich doch wieder breite Schneeschüsseln auf. „Ski and sail“ ist hier ebenso ein Erlebnis. de.fjordnorway.com, www.visitnorway.de

("Die Presse", Print-Ausgabe, 2.2.2019)

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