Hilfe für Thailands Elefanten

Elefant an der Kette
Elefant an der KetteReuters
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Elefanten sollen nicht der Bespaßung von Touristen dienen. Projekte helfen, die Bedingungen der in Gefangenschaft lebenden Tiere zu verbessern. Es mehren sich die Camps, in denen Elefanten lernen, wieder Elefanten zu sein.

Denn sie wissen nicht, was sie tun – wenn sie Elefanten reiten, streicheln, waschen und füttern: „Das gefällt den Dickhäutern“, glauben immer noch 80 Prozent der Touristen. Doch da irren sie sich gewaltig, weiß der Tierarzt Jan Schmidt-Burbach, Berater des WAP – World Animal Protection. Elefanten spüren sehr wohl die scheuernden Sitze auf den Rücken und die schweren Ketten um die Fußgelenke. „Auch das Duschbad durch Besucher ist ein Problem. Aus Sicherheitsgründen werden dann die Elefanten von den Mahuts, ihren Betreuern, besonders kurz an die Kette gelegt.“

Wenn Scharen von Urlaubern den sensiblen Giganten auf den Pelz rücken, geraten sie unter Stress. Vom Schmerz ganz abgesehen, den die Mahuts ihnen durch einen Stock mit scharfem Haken zufügen, um sie anzutreiben und ihren Willen zu brechen. Zur Bespaßung der Besucher, die Geld in die Kassen der Camps und der Shows bringen. Thailand ist mit 4400 Elefanten, die in Gefangenschaft leben, der größte Elefantenmagnet Asiens. Für viele Besucher sind die archaischen Kolosse das Highlight des Urlaubs. Wie sehr die Tiere ihretwegen leiden müssen, war lange Zeit den wenigsten bewusst.

Beim Baden nur zuschauen

Einer der Mahuts ist Sutouch, der im Happy Elephant Care Valley (HEV) bei Chiang Mai in Nordthailand, dem ersten Vorzeigeprojekte von World Animal Protection, seinem Schützling Moliko gerade ein Bananenblatt reicht. „Früher haben wir unsere Elefanten wie Zirkustiere dressiert“, sagt der 29-Jährige. „Man hat uns dafür bezahlt, wir waren es nicht anders gewohnt.“ Very happy sei er jetzt darüber, dass ein Umdenken stattfindet und sich das HEV in ein elefantenfreundliches Camp verwandelt, dem viele weitere folgen sollen. Sein Besitzer, Supakorn Tanaseth, hat jetzt eine überdachte Terrasse gebaut, von der Besucher dem Bad der sechs Elefanten im Fluss zuschauen können, ohne ihnen zu nahe zu kommen.

Fast 200 Reiseveranstalter haben auf Initiative von World Animal Protection (WAP) in Partnerschaft mit TUI Care Foundation inzwischen Elefantenreiten aus ihrem Programm gestrichen. Weitaus schwieriger gestaltet sich allerdings die Aufgabe, Überzeugungsarbeit bei den Camp-Betreibern zu leisten. 176 Camps gibt es allein in der Region von Chiang Mai.

Reuters

Ultimatives Gefühl von Freiheit

„In 77 Prozent dieser Camps sind die Zustände für Elefanten unzureichend. Man kann die Tiere allerdings nicht einfach auswildern. Viele von ihnen haben einen psychischen Schaden und würden ins nächste Dorf laufen, um sich Futter zu holen“, erklärt der Veterinär. Die wichtigste Frage der Camp-Manager ist natürlich, ob ihnen das neue Konzept genauso viele Einkünfte durch die Urlauber beschert wie vorher: „Deshalb haben wir ihnen gezeigt, was sie ändern können, um den neuen Anfragen gerecht zu werden“, erzählt Schmidt-Burbach.

Viele Hektar für die Tiere

Eine Besuchergruppe im Elephant Valley Thailand (EVT) in Chiang Rai begleitet eine Gruppe von Elefanten durch die halb gezähmte Wildnis. Immer im respektvollen Abstand zu den Riesen. Der Engländer Jack Highwood hat mit Spenden eine 15 Hektar große Plantage erworben. Ein Hektar ist den Besuchern vorbehalten, 14 Hektar jedoch den fünf Elefanten und ihrem Kalb, das Ende 2019 erwartet wird.

Tiere wie der Elefantenbulle Thonggin, der vorher im Zirkus auftrat, auf Vorder- und Hinterbeinen laufen und Bilder malen konnte. Hier braucht er keine Show mehr abzuziehen. Nur die Fütterung über eine doppelte Barrikade hinweg, die zwischen Tier und Mensch einen Zwischenraum von etwa eineinhalb Metern schafft, ist noch erlaubt. Ob sich ein Elefant mit seinem Rüssel der Menschenhand nähert, kann er selbst entscheiden.

Lernen, wieder Elefant zu sein

Sonst sollte der Mindest-Wohlfühlabstand zehn Meter betragen, meint Jack. „Näher dürfen sich Mensch und Tier nicht kommen.“ Auf seiner ersten Thailand-Reise vor 15 Jahren war es für den 36-Jährigen noch ein Riesenspaß, auf Elefanten zu reiten: „So normal wie in westlichen Ländern auf Pferden. Jetzt muss jedes Tier, das wir aus unwürdigen Verhältnissen herauskaufen, von seinen Artgenossen erst einmal lernen, sich frei zu bewegen. Gegenseitig bringen sie sich bei, wieder ein Elefant zu sein.“

Ohne Ketten dürfen sich auch die zwölf Elefanten im Boon Lott's Elephant Sanctuary (BLES) in der Nähe von Sukothai bewegen. Von einem Hochsitz aus beobachten die Besucher, wie eine Elefantendame sich wohlig eine „Spa-Behandlung“ in einem Schlammloch gönnt. Vor fast 13 Jahren hat die ehemalige Tänzerin Katherine Connor aus London begonnen, misshandelte Tiere aufzukaufen. Mit vielen Spendenaktionen hat sie das 308 Hektar große Schutzgebiet erworben. „Nur Gruppen von maximal sechs Menschen dürfen sich gleichzeitig in der Nähe der Elefanten aufhalten“, sagt die Tierliebhaberin.

Feierabend im Happy Elephant Valley. Vor seiner Hütte raucht Sutouch eine Zigarre. Auf einige Entfernung, in Sichtweite wiegt Moliko den Kopf. Ein friedliches Bild. „Ja, ich bin glücklich. Weil mein Elefant jetzt glücklich ist. Weil die schlimmen Zeiten jetzt ein für alle Mal vorbei sind“, sagt der Mahut und schickt eine weiße Rauchwolke in den rosa Abendhimmel.

Graue Eminenzen

Projekt: Die Partnerschaft von TUI Care Foundation und World Animal Protection setzt sich dafür ein, die Bedingungen für etwa 1500 in Gefangenschaft lebende Elefanten bis 2020 nachhaltig zu verbessern. www.tuicarefoundation.com,
www.worldanimalprotection.org

Camps: Elephant Valley Thailand/Chi- ang Rai, www.elephantvalleys.com;
Happy Elephant Care Valley/Chiang Mai: siehe Facebook; Boon Lott's Elephant

Sanctuary/Sukothai: www.blesele.org; in allen Camps gibt's auch Unterkünfte.

Hinweis: Die Reise erfolgte auf Einladung von TUI Care Foundation.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2019)

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