Probier's mal mit Gemütlichkeit am Unterberg

Bei klarer Sicht sieht man die Segelboote auf dem Neusiedler See.
Bei klarer Sicht sieht man die Segelboote auf dem Neusiedler See. (c) Napetschnig
  • Drucken

Retroskigebiet, Naturschneeparadies, Geheimtipp: Das alles trifft auf den Unterberg bei Muggendorf zu. Versteckt im hügeligen Part der Wiener Alpen drosseln Pistenskifahrer und Skitourengeher das Tempo.

Dieser Winter ist ein Geschenk für ein Skigebiet, das ausschließlich mit Naturschnee arbeitet. Davon nämlich liegt derzeit eine ganze Menge auf dem Unterberg, auch wenn man das bei der kurzen Anreise aus Wien noch nicht so recht glauben mag. Erst nach Pernitz und dann bei Muggendorf, immer weiter zwischen die waldigen Hügel hinauf, erscheint die Aussicht auf ordentliche Zentimeter atmosphäregezeugten Schnee doch realistisch. Es gab schon Saisonen, da war das nicht so, aber man hat sich im Schigebiet Unterberg – wie es in seiner Retroschreibweise heißt – auch darauf eingestellt.

Das urige Unterberg-Schutzhaus.
Das urige Unterberg-Schutzhaus. (c) Napetschnig

Bereits in den 1960ern war hier, versteckt in den mittelgebirgigen Wiener Alpen, der erste Lift in Betrieb, dem bald weitere folgten: Schlepplifte sind sie bis heute. Erstaunlich weitläufig breiten sich die Pistenvarianten oben auf dem Berg und durch die Waldschneisen aus. Der Einstieg erfolgt entschleunigt: Man wechselt vom Parkplatz in den Bus, der einen zehn Minuten etliche Kurven hinauf zum Schneidlift bringt. Vielleicht wundert man sich während dieser gemächlichen Annäherung, wo denn da die Talabfahrt sein soll – aber sie ist eine Überraschung im Finale eines gemütlichen Skitags. „Der Bus ist der erste Lift“, sagt Erich Panzenböck, einer der drei Leiter der Schilift Unterberg GmbH – die niederösterreichischen Unternehmer hatten vor einigen Jahren das damals marode Skigebiet im Winter 2014/15 übernommen, viele Anhänger halfen mit, diesen Geheimtipp vor dem Aus zu retten.

Ein echter Jammer wäre das auch gewesen – wenn man bedenkt, wie viele Niederösterreicher, Wiener und Burgenländer hier Skifahren gelernt und perfektioniert haben. Darunter nicht gerade unprominente Sportlerinnen wie Olympiasiegerin und Weltmeisterin Michaela Dorfmeister. Sie steht Patin für die längste Piste von der Gipfelkuppe des Unterbergs hinunter bis zum Anfang der Talabfahrt – eine schöne rote Piste, die länger in der Sonne liegt, sodass sich der plane Naturschneeteppich (zur Freude von guten Skifahrern) in ein Relief umbaut: aufgefirnt und in leichte Wellen zusammengeschoben. Tags darauf liegen alle Pisten wieder ganz flach und faltenfrei da. Frisch gebügelt unter anderem von zwei modernen Pistengeräten, die man von der Bergbahn Kitzbühel übernommen hat – und mit der man seit Kurzem eine besondere Kooperation eingegangen ist, wie Panzenböck erklärt. Das kleine nostalgische Skigebiet und der weltbekannte Riese, ein durchaus produktiver Austausch.

Natursound und Ruhepuls

„Der Schnee kommt hier noch vom Himmel“, zitiert Panzenböck den Unterberg-Slogan. Was auch eine gewisse unternehmerische Vorsicht verlangt. Man muss eben auch schneeärmere, wenn nicht schneefreie Tage überdauern können, weil zukünftig ohne Investitionen in Schneemaschinen. Dieses Bekenntnis zum Schnee und zum Liftbetrieb wie damals könnte man „Aus der Not eine Tugend machen“ nennen. Aber noch besser andersherum: einen ganz bewussten Zugang zur Natur, zur Wertschätzung des Bestands und eine klare Absage an die Begleitgeräusche im Skizirkus. Das betrifft selbst den Natursound. Hier dudeln keine inferioren Skihüttenhits über die Terrassen und durch die Gasträume, hier fängt keine prollige Après-Ski-Schirmtheke die müden Skifahrer auf dem Nachhauseweg ab. Hier muss auch kein sitzbeheizter Sechsersessellift die Leute schneller auf den Berg hieven, als der Berg verträgt. Denn man stellt sich brav, so wie früher, beim Schlepplift an und genießt das herausgenommene Tempo zusehends, man muss ja nicht rauf-runter-rüber-weiter im Akkord.

Der Gipfellift fährt doppelt.
Der Gipfellift fährt doppelt.(c) Napetschnig

Beschaulich bis nostalgisch im besten Sinne ist es hier. Ein Postkartenbild, wenn man bei klarem Wetter bis zum Neusiedler See sehen kann, oder bloß hinunter zu der kleinen, schindelbeplankten Kirche Maria Einsiedl. Gegenüber steht die urigste Einkehr am Berg: das Unterberg-Schutzhaus des Österreichischen Touristenklubs, die unabhängig vom Liftbetrieb geöffnet hat. Hier treffen dann die Pistenskifahrer und die Skitourengeher aufeinander (sofern nicht am Pistenrand). Es sind ja einige, die den Unterberg vor allem des Aufstiegs wegen schätzen. Und während die einen noch auf Fellen durch den Wald hinaufschieben, düsen die Pistenskifahrer die Talabfahrt herunter. So, jetzt die finale Überraschung – die Strecke ist nämlich die spektakulärste: Sie schneidet durch die Felsen der Heuriss-Klamm.

ECHTER SCHNEE

Einkehren: Gut verteilt auf dem Berg in drei Hütten. Tipp: Unterberg-Schutzhaus, urig-gute Küche, Schlafmöglichkeit. www.unterberg-schutzhaus.at

Skifahren: Achtung: Liftbetrieb ab 24.2. nur freitags bis sonntags. Bus vom Parkplatz zur Talstation zur jeden halben/vollen Stunde. Skiverleih im Container. Tipp: Ski vorab reservieren. Tageskarte: 32 Euro. www.schigebiet-unterberg.at

Tourengehen: von 8.30 bis 17 Uhr, außer mittwochs (bis 21 Uhr). Parkplatzgebühr: fünf Euro/Person.

Region: Wiener Alpen. www.wieneralpen.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.