Zuckerbäcker, Caterer, Hotelier: Oliver Braun übernimmt 12 Häuser

(c) Hotel de France
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Oliver Braun, der Chef von Gerstner, übernimmt die Gruppe Austria Hotels und damit unter anderem das Hotel de France.

Es ist ja nicht so, als hätte Oliver Braun dieser Tage wenig zu tun. Schließlich startet in Wien die Ballsaison und damit die große Zeit Gerstners. Versorgt das Cateringunternehmen, das aus der früheren k.u.k. Hofzuckerbäckerei Gerstner hervorgegangen ist, doch die prominentesten Wiener Bälle. Den Opernball, den Philharmonikerball, sämtliche Bälle der Hofburg, zum Beispiel. Kurzum: 16Bälle in 32 Tagen stehen bei Gerstner im Kalender.

Und doch verbringt Braun, der Geschäftsführer der Gerstner-Gruppe, diese Tage am Verhandlungstisch. Denn das traditionsreiche Unternehmen wächst um eine ganze Hotelgruppe. Derzeit werden die Verhandlungen um den Verkauf der Gruppe Austria Hotels finalisiert, die zur Uniqa-Gruppe gehört. Braun übernimmt gemeinsam mit den beiden Immobilienprofis Günther Kerbler und Johann Kowar (sie haben einst gemeinsam die Convert AG aufgebaut) die 12 Hotels.

Das prominenteste Haus der Gruppe ist das Hotel de France am Ring; auch das Hotel Kummer, das Prinz Eugen, die Hotels Bellevue, Kavalier, Alpha, der Passauerhof in Grinzing, zwei Hotels in Baden bei Wien, zwei in Prag und eines in Brünn gehören dazu. Der Preis, der für diese Hotels bezahlt wird, ist nicht bekannt.

„Gerstner hat in den letzten zehn Jahren viele Chancen genutzt, um Tradition mit Zeitgeist zu kombinieren. Mit der Übernahme der Hotels sehe ich wieder so eine Chance“, so Braun. Das Portfolio wachse nun um das Segment Beherbergung. „Gerstner und Austria Hotels kombinieren alles, was Menschen gut tut: angefangen bei den Produkten der Hofzuckerbäckerei, über Catering, bis zur Eventlocation und nun die Austria Hotels“, so Braun. Er selbst kehrt mit der Leitung der Hotelgruppe zu seinen Wurzeln zurück.

„Mit dem Kauf erfüllt sich ein Traum für mich – der Kreis zu meinen Anfängen schließt sich.“ Hat der 42-jährige Wiener doch nach der Tourismusfachschule „Modul“ die Direktionen namhafter Hotels kennengelernt: das Hyde Park Hotel in London, das Hotel Sacher in Wien oder die Mandarin Oriental Hotelgruppe in Macau, zum Beispiel. Im Jahr 2000 übernahm Braun schließlich die Geschäftsführung der Hofzuckerbäckerei (Besitzer ist seit 1995 eine Investorengruppe), aus der Traditionskonditorei wurde einer der größten Caterer Wiens. Heute betreibt Gerstner elf Cafés, Confiserien oder Buffets. Neben dem Stammsitz in der Kärntner Straße13–15 etwa auch im Peek & Cloppenburg in der Mariahilfer Straße mit dem Cafe „La Cité“ oder im Palais Todesco, wo Gerstner die Beletage für Veranstaltungen verwaltet.

Mit dem Catering an einigen der prominentesten Adressen Wiens kehrte auch Gerstner zu seinen Wurzeln zurück: Schließlich hat der frühere Hoflieferant schon den Kaiserpavillon im Rahmen der Weltausstellung 1873 kulinarisch betreut – bei Gerstner spricht man im Zusammenhang damit gar von einer „Geburtsstunde des Caterings“. Auch das Hochzeitsessen für den späteren Kaiser Karl I. und Prinzessin Zita im Jahr 1911 wurde von Gerstner serviert. Ebenso das Buffet anlässlich der Unterzeichnung des Staatsvertrags 1955 im Belvedere. Und zwar – in diesem Fall – Zander, Ente und Erdbeeren: Was Leopold Figl und die Vertreter der Alliierten damals speisten, gab es jüngst wieder – im Dezember, als Gerstner im Todesco den 165. Geburtstag des Betriebs feierte.

Jenem Anlass, bei dem auch gleich die Erweiterung der Gruppe um die 12 Hotels angekündigt und gefeiert wurde. Die Hotels könnten nach der Übernahme teilweise umgestaltet werden. Spekuliert wird etwa über einen Ausbau der oberen Stockwerke zu Wohnungen (im Hotel de France; das Kummer in der Mariahilfer Straße könnte dazu auch aufgestockt werden). Die Zeit, so hört man aus Brauns Umfeld, werde ihm in nächster Zeit daher wohl eher knapp werden. Schließlich, so sagt Braun, wolle er künftig nebenbei die Hotelgruppe sowie auch die Geschäfte von Gerstner weiterführen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2013)

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