Andreas Gruber: Der Starautor, den keiner kennt

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wirklich prominent ist Andreas Gruber trotz hoher Verkaufszahlen nicht. Das könnte sich aber bald ändern – vielleicht mit seinem „Todesurteil“.

In den heimischen Feuilletons ist er nahezu unbekannt, und doch zählt er zu den österreichischen Autoren mit den höchsten Verkaufszahlen. Andreas Gruber, 1968 in Wien geboren, in Grillenberg (Niederösterreich) wohnhaft und bis vergangenen Herbst im Controlling eines Pharmakonzerns tätig, schreibt Spannungsliteratur. Seinen neuen Thriller „Todesurteil“ präsentierte er am Donnerstagabend in der Buchhandlung Thalia in der Landstraßer Hauptstraße in Wien.

„Todesurteil“ ist die Fortsetzung von „Todesfrist“, dem ersten Fall des von Gruber erfundenen, beim deutschen Bundeskriminalamt in Wiesbaden arbeitenden Profilers Maarten S. Sneijder, von dem bisher mehr als 150.000 Exemplare verkauft wurden. Grubers Bücher werden zu 90 Prozent in Deutschland verkauft, aber der zweite Fall führt den exzentrischen, griesgrämigen Sneijder und die junge Kriminalbeamtin Sabine Nemez nach Wien. Hier ist Staatsanwältin Melanie Dietz mit einem bizarren, grausamen Fall konfrontiert: Die zehnjährige Clara taucht, nachdem sie ein Jahr abgängig war, völlig verstört in einem Wald auf. Ihr gesamter Rücken ist mit Motiven aus Dantes „Inferno“ tätowiert.

Gute Miene zum bösen Spiel

„Mit Sneijder wollte ich einen Charakter abseits des Mainstreams schaffen, einen Misanthropen mit Ecken und Kanten. Ich hab mich dabei sehr weit aus dem Fenster gelehnt“, erklärt Gruber seine Hauptfigur. „Er kifft und ist ein richtiges Arschloch. Er stiehlt in einer Privatfehde Bücher aus Buchhandlungen, aber er ist gleichzeitig ein Genie und hat eine Aufklärungsrate von nahezu 100 Prozent.“

Eine Figur, die durchaus Ähnlichkeiten mit ihm selbst habe. „Ich kiffe zwar nicht, aber eine richtige Krätz'n – zynisch und ätzend – kann ich manchmal auch sein“, bekennt er. „Denn gute Miene zum bösen Spiel zu machen, ist einfach nicht meins. Wenn ich schlecht gelaunt bin, sieht man mir das gleich an.“ Sich Geschichten auszudenken und sie zu erzählen habe ihm schon in seiner frühesten Kindheit Spaß gemacht. „Noch vor der Schulzeit zeichnete ich Comics mit Sprechblasen. Nur waren die Sprechblasen halt leer, weil ich noch nicht schreiben konnte“, blickt Gruber zurück.
„Meinen ersten Roman schrieb ich dann mit acht. Es wurde nur eine dreiseitige Geschichte, denn dann waren alle meine Helden tot.“ Danach habe er immer wieder neue Versuche gestartet, sich als Buchautor zu etablieren, aber die ersten Erfolge stellten sich erst ab seinem 29. Lebensjahr ein. „Als ich angefangen habe, mich intensiver mit dem Handwerk der Schriftstellerei zu beschäftigen und die ganze Sache viel professioneller anzugehen.“

Besonders großen Wert legt Gruber bei der Entwicklung seiner Geschichten und Charaktere bis heute auf die Meinung von Testlesern. „1997 war ich in London und habe in einer Buchhandlung eine ganze Bücherwand mit Creative-Writing-Sachbüchern entdeckt. Da habe ich massenhaft eingekauft“, erzählt er. „Von dort habe ich dieses Konzept, das Manuskript bewusst aus der Hand zu geben – aber nicht der Mitzi-Tant, die alles toll findet, sondern ausgesuchten, kritischen Lesern.“ Begonnen habe das zunächst mit einigen Freunden. „In den vergangenen 15 Jahren ist daraus ein Kreis von mittlerweile zwölf sehr guten Testlesern entstanden, mit denen ich zusammenarbeite.“ Als Dankeschön gibt es einmal im Jahr eine große Feier. „Da werden auch die Belegexemplare ausgeteilt. Beim letzten Mal etwa habe ich auf eine Berghütte eingeladen, die Atmosphäre war passend zu meinen Büchern ziemlich düster.“ Derzeit schreibt Gruber im Übrigen an der Fortsetzung von „Todesurteil“. Dann sei die Trilogie komplett und er könne sich neuen Geschichten widmen.

Dass er bis jetzt in Deutschland erfolgreicher ist als in Österreich, sieht er mit bemerkenswerter Gelassenheit. Auch, dass er etwa einmal im Monat ein E-Mail bekomme, die eigentlich an den gleichnamigen oberösterreichischen Filmregisseur gerichtet sei. „Es stimmt, in Österreich kennt mich noch kaum jemand. Bis jetzt ist es mir nur einmal passiert, dass ich in einem Lokal in der Nähe meines Wohnortes angesprochen und gefragt wurde, ob ich der Autor sei und ob ich ein Autogramm geben könne“, verrät er. „Ich war wahrscheinlich nervöser als die Dame, die mich angesprochen hat. Gott sei Dank war meine Frau dabei. Sie hätte mir das sonst nicht geglaubt.“

Tipp

Andreas Gruber
„Todesurteil“
Goldmann-Verlag
576 Seiten
10,30 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2015)

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