Salzburg abseits der Klischees: Fräulein Floras coole Entdeckungen

Eva Krallinger-Gruber und Matthias Gruber zeigen mit ihrem Online-Stadtmagazin, dass Salzburg anders als sein Image sein kann.

Auf den Straßen trifft man an Wochentagen auch nach 22 Uhr noch Menschen, der Anteil der Goldsakkoträger in der Getreidegasse steigt um 100 Prozent, in der Innenstadt verschwinden die Baustellen, und in der Altstadt brennt plötzlich in Wohnungen Licht, die sonst das ganze Jahr über verwaist sind: Anzeichen dafür, dass in Salzburg die Festspielsaison begonnen hat.

Insgesamt 18 solcher wundersamen Veränderungen hat Matthias Gruber entdeckt und in einer der beliebten Listen zusammengefasst. Gemeinsam mit seiner Frau Eva Krallinger-Gruber steht der 32-jährige gebürtige Salzburger hinter dem Blog Fräulein Floras Favourite Hangouts. Die beiden erzählen in ihrem Online-Stadtmagazin Geschichten über ein Salzburg abseits von Mozart, „Sound of Music“ und Reiseführerklischees.

Entstanden ist der Blog, als das Paar und deren Freundin Sandra Bernhofer nach längerer Zeit im Ausland nach Salzburg zurückkamen. Die drei waren auf der Suche nach Orten, wo junge Menschen die Stadt abseits der Mozartkugel-Klischees erleben können. „Wir wollten einfach wissen, wo man um wenig Geld gut essen, trinken und ausgehen kann“, erzählt Eva Krallinger-Gruber.

Weil es dafür keine Plattform gab, nützten sie die Lücke. Sie starteten mit Lokal- und Veranstaltungstipps auf einem Stadtplan – ganz konventionell auf Papier. Aber sobald das Ding gedruckt war, war es auch schon wieder nicht mehr aktuell. Deshalb gingen sie mit Fräulein Flora online.

Spaziergänge und Graffitikünstler

Der Blog hat sich von einem reinen Veranstaltungskalender längst zu einem Stadtmagazin für junge Leute entwickelt. Ein beliebtes Format: Spaziergänge mit Menschen, die interessante Geschichten zu erzählen haben. Eine in London lebende Salzburgerin, die sich auf Secondhandmode spezialisiert hat, zeigt dabei ihr Salzburg, ebenso wie Graffitikünstler.

„Mich interessiert die alleinerziehende Billa-Kassiererin mehr als der Bürgermeister“, sagt Krallinger-Gruber. Salzburg sei viel besser als sein Ruf, ist die 29-Jährige überzeugt. „Man kann auch mit ganz wenig Geld und ohne Auto extrem viel erleben“, weiß sie aus Erfahrung. „Die Ansicht, dass Salzburg klein und provinziell ist, teile ich schon lange nicht mehr.“ Zu Evas Favoriten gehören Plätze, um Sonnenuntergänge zu genießen: egal, ob auf den Stadtbergen, von einem Bankerl an der Glan beim Flughafen oder auf der Aussichtsplattform am Ende der Citywall – einem Klettersteig mitten in der Stadt auf dem Kapuzinerberg.

Wenn die Sonne am Horizont versinkt, sei das ganz großes Kino. Derzeit sei auch das Kurzurlaube-Erfinden sehr hoch im Kurs. Rund um die Priesterhausgasse auf der rechten Seite der Altstadt fühlt man sich angesichts der hohen Dichte an Lokalen und Schanigärten beinahe wie in Italien. Das Gasthaus Eigenherr im Süden der Stadt eigne sich für einen imaginären Kroatien-Abstecher. Abenteuerlustige erhalten auf Fräulein Flora derzeit Tipps, wo es sich in Salzburg toll unter freiem Himmel schlafen lässt.

Schlauchbootfahren auf dem Almkanal gehört für Eva Krallinger-Gruber zu den schönsten Dingen, über die sie bisher geschrieben hat.

Bis zu 1500 Leser pro Tag

Seit Kurzem bietet Fräulein Flora einen Onlineshop mit spannenden Produkten von Salzburger Jungdesignern – Schmuck, Taschen, Papierwaren – sowie eine Jobbörse. Bis zu 1500 Leser verfolgen das Stadtmagazin pro Tag, der Großteil kommt aus der Stadt Salzburg und der Umgebung.

Was ist in der jungen, urbanen Szene gerade der angesagteste Stadtteil in Salzburg? „Das wird sich zwischen Lehen und Itzling entscheiden“, glaubt die Bloggerin. In beiden Stadtteilen entstünden viele Lokale, es gebe Platz für kreative Menschen, und sie seien nicht so teuer wie die Altstadt oder Aigen.

Und wie bekommen die beiden Blogger die Festspiele mit? „Wir kaufen uns manchmal ein Dosenbier und gehen in den Festspielbezirk Reiche schauen.“

AUF EINEN BLICK

Das andere Salzburg. Eva Krallinger-Gruber (29) und ihr Mann Matthias Gruber (32) stehen hinter dem Salzburger Online-Stadtmagazin Fräulein Floras Favourite Hangouts – einem Stadtführer für alle, die Salzburgs junge Seiten suchen. Von den besten Bars bzw. Restaurants, dem Salzburg-Guide für gebrochene Herzen bis hin zu Schlafplätzen im Freien. Seit Kurzem bietet Fräulein Flora einen Onlineshop mit Produkten von Salzburger Jungdesignern.

Weitere Informationen:www.fraeuleinflora.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2016)

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