Von Amador über Aï ins Dots: Sören Herzig und sein Zug zum Tor

Sören Herzig ist nach sechs Jahren bei Juan Amador nun Küchenchef im Dots.
Sören Herzig ist nach sechs Jahren bei Juan Amador nun Küchenchef im Dots.(c) Clemens Fabry
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Der gebürtige Deutsche will sich nach dem Zwischenstopp im Aï wieder der kreativen Gourmetküche widmen - irgendwann im eigenen Lokal.

Es war ein kurzes Gastspiel, das der junge Küchenchef Sören Herzig beim Luxusjapaner Aï im Goldenen Quartier absolvierte. Nach nur vier Monaten kehrte er dem Restaurant, hinter der die internationale Investorengruppe Kamp Hospitality Investment Holding steht, den Rücken. (Das Gastspiel der Investorengruppe selbst war nicht viel länger, nach nur acht Monaten wurde, wie berichtet, Insolvenz angemeldet).

Geschadet hat es dem gebürtigen Deutschen allerdings nicht. Immerhin weiß er jetzt, was er nicht will. „Ich habe immer in der Sternegastronomie gearbeitet. Das Aï war etwas komplett Neues, mehr casual und mit Sharing-Konzept. Ich wollte das einmal ausprobieren, habe dann aber schnell gemerkt, dass ich die Gourmetküche mit ihrer Kreativität vermisse“, sagt der 28-Jährige. Hinzu kam, dass er mit der Qualität der Produkte nicht mehr zufrieden war. „Jetzt ist das passiert, was ich damals schon befürchtet habe“, sagt er in Hinblick auf die Insolvenz.

Für den Küchenchef war das Aï aber nur eine kurze Station. Zuvor war er sechs Jahre lang bei Juan Amador tätig, der ihn schließlich auch mit nach Wien genommen hat. „Er ist heute noch mein Mentor, von ihm habe ich viel gelernt, zum Beispiel den Drang zum perfekten Produkt“, sagt Herzig. Seit gut einem Monat ist er nun Küchenchef im Dots auf der Mariahilfer Straße. Inhaber Martin Ho gebe ihm in der Küche freie Hand. „Jedes Lokal braucht einen Kapitän. Hier ist Martin der Kapitän, mit vielen Steuermännern. Das Problem beim Aï war auch, dass es viel zu viele Matrosen gab, die alle Kapitän sein wollten.“

Traditionsbewusster Rockstar

Dass er selbst auch einmal Kapitän seines eigenen Lokals sein wird, ist sehr wahrscheinlich. Der Wunsch nach einem eigenen Restaurant sei nach wie vor da. „Das kann schneller passieren, als man denkt“, meint Herzig und lacht. Bis es so weit ist, will er aber im Dots sein kulinarisches Konzept in Form von mehrgängigen Menüs umsetzen. Er umschreibt es mit Paris, Tokio, Wien. „Das heißt französische Tradition, japanische Demut und österreichische Qualität.“ Hinzu komme noch die Liebe zur vietnamesischen Küche. Typisch Französisches, wie aufgeschäumte Saucen oder der Einsatz von Butter und Jus, sei immerhin recht untypisch für die asiatische Küche. Mit japanischer Demut meint er die Demut vor dem Produkt. Die Produkte kommen großteils aus Österreich, er wolle es aber nicht mit der Regionalität übertreiben. „Warum soll ich auf norwegische Jakobsmuscheln verzichten“, meint Herzig.

Generell möchte er seinen Küchenstil in keine Schublade stecken. „Ich koche immer das, was mich gerade interessiert.“ Seine Handschrift beschreibt er als traditionsbewusst, reduziert auf das Wesentliche und einem Drang zur Perfektion. Man könnte es auch Zug zum Tor nennen.

Den Grundstein dafür hat übrigens sein Vater gelegt, ein passionierter Hobbykoch. Als der eine Kochlehre vorgeschlagen hat, konnte sich das der Sohn zuerst nicht vorstellen. Damals hatten Köche noch nicht das Rockstar-Image, das sie heute haben. „Heute hat sich das gewandelt, man ist auch viel präsenter.“

Auch optisch entspricht er mit seinen tätowierten Armen dem neuen Image der Köche. Auf seiner linken Hand hat er sich das Logo der Biermarke Astra (ein Herz mit Anker) tätowieren lassen. „Als Zeichen für meine Heimat. Ich bin zwar in Cuxhaven geboren, aber Hamburg ist meine Heimat, dort wohnt auch meine Familie.“

Kurz nachdem er vor etwa drei Jahren nach Wien gekommen ist, ist ein neues Tattoo dazugekommen: eine Sonne, das Logo der österreichischen Eisteemarke Makava. Es soll die Verbundenheit mit der neuen Wahlheimat verdeutlichen. „Unlängst hat mir jemand gesagt, wenn du sieben Jahre in Wien gelebt hast, dann willst du nicht mehr weg.“ Er probiere das aus.

An den Wienern schätzt er, dass sie die Tradition pflegen und man ihnen nichts vormachen kann. „Deshalb hat auch das Aï nicht funktioniert. Da kannst du noch so viel Geld reinstecken. Der Wiener ist nicht käuflich.“

ZUR PERSON

Sören Herzig wurde 1989 in Cuxhaven geboren. In Deutschland war er u. a. bei Kevin Fehling im Dreisterne-Restaurant La Belle Epoque, im Sterneck in Cuxhaven und im Louis C. Jacob in Hamburg tätig. Er hat sechs Jahre bei Juan Amador gearbeitet, der ihn vor drei Jahren mit nach Wien nahm. Herzig war als Küchenchef in Amadors Wirtshaus in Döbling tätig, das mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde. Im Herbst 2017 wurde er von Gault Millau zum „Newcomer des Jahres“ gekürt. Nach nur vier Monaten im Aï Quartier ist Herzig nun Küchenchef im Dots.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2018)

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