„Der Wind in den Weiden“: Schiff ahoi oder oh weh

Entern. Devi Saha (l.) und Vanessa Eder-Messutat bei den Proben zu „Wind in den Weiden“, Arsenal.
Entern. Devi Saha (l.) und Vanessa Eder-Messutat bei den Proben zu „Wind in den Weiden“, Arsenal. (c) die Presse (Carolina Frank)
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Bühnenbildnerin Vanessa Eder-Messutat und Kostümexpertin Devi Saha machen sich auf den Weg durch den Kinderbuchklassiker „Der Wind in den Weiden“.

Die Burgtheater-Probebühnen im Arsenal sind eine wahre Maschinerie der Wunder: Riesige Hallen, bemessen nach den echten Bühnen, auf denen rund 40 Produktionen abwechselnd laufen, sauber auf Kleiderstangen aufgereihte Kostüme, wehe, es fehlt eine Pluderhose oder sonst ein Requisit, so was kommt (fast) nicht vor. Auf einer Holzpawlatsche starrt ein riesiger weißer Kopf zwischen Stäben hervor, daneben ein Boot. Bühnenbildnerin Vanessa Eder-Messutat und Kostümbildnerin Devi Saha statten das Kinderstück „Der Wind in den Weiden" aus. 25 Millionen Exemplare wurden von dem hierzulande kaum bekannten Bestseller verkauft. Die Geschichte erinnert ein wenig an Winnie Puuh. Autor Kenneth Grahame, der keine glückliche Kindheit hatte, erzählte seinem Sohn Tiergeschichten und zeichnete sie später auf. Da geht es zum Beispiel um einen Maulwurf, der, ermüdet vom Frühjahrsputz, mit einer Ratte ein Boot besteigt und ins Wasser fällt, die Ratte rettet ihn, der Maulwurf lernt sogar schwimmen, aber er wagt sich auch in den Wald, vor dem ihn die Ratte gewarnt hatte; immerhin, gemeinsam finden die beiden einen weiteren Freund, den eigenbrötlerischen und strengen Dachs; dieses Trio nervt allerdings der Kröterich, ein reicher Pinkel, der ständig Autos zu Schrott fährt und auch sonst in allerlei Schwierigkeiten gerät. Wie kamen die Ausstatterinnen zur Bühne? „Ich war ein Theaterkind. Meine Mutter war Kostümbildnerin", erzählt Vanessa Eder-Messutat, die in Paris geboren wurde, aber bei ihren Großeltern in Wien aufgewachsen ist, „die etwas gemeinsam haben mit den Tieren aus dem Kinderbuch. Sie haben selten etwas weggeworfen, sondern eher versucht, Dinge, die man noch gebrauchen kann, mit handwerklichem Geschick zu reparieren. Maulwurf, Ratte und Dachs machen das. Der Kröterich hingegen ist ein Außenseiter, er muss immer die neuesten Schiffe, Wohnwagen und Fahrzeuge haben." Eder-Messutat hat die Modeschule Hetzendorf besucht und danach beim legendären Bühnenbildner Erich Wonder an der Akademie der bildenden Künste studiert. Sie hat aber auch eine Trickfilm- und Animationsausbildung. „Das Bühnenbild wird durch Videoprojektionen, also Illustrationen von mir, belebt", berichtet sie.

Tierwelt. Autor Kenneth Grahame widmete sich symbolträchtig Maulwurf, Ratte und Co.
Tierwelt. Autor Kenneth Grahame widmete sich symbolträchtig Maulwurf, Ratte und Co.(c) Illustration: Vanessa Eder-Messutat, Devi Saha

Kontrastprogramm. Außer Bildern fürs Theater macht Eder solche für „Events, Filmsetdesign und Visualisierungen. Da arbeite ich hauptsächlich digital mit dreidimensionalen Zeichnungen und Collagen." Dass die in der Wirtschaft, aber auch bei jungen Leuten beliebten Events eines Tages das Theater ausstechen werden, glaubt Eder nicht: „Bei Events wird für einen Abend etwas hergestellt, meist für einen Werbezweck. Im Theater werden Geschichten erzählt. Das wird es immer geben." Sowohl Eder als auch die Kostümbildnerin Devi Saha haben kleine Töchter und betrachten den „Wind in den Weiden" als wohltuendes Kontrastprogramm zu den „meist brutalen Märchen", so Eder: „Geschichten wie ,Die sieben Geißlein‘ findet meine fünfjährige Tochter sehr hart. Hier muss niemand Angst haben, es geht auch nicht um Belehrung oder Abschreckung, sondern um Freundschaft und Zueinanderhalten." Devi Saha hat wie Eder die Modeschule absolviert. Saha ist in der Steiermark aufgewachsen, ihr Vater stammt aus einer Pharmazeutenfamilie in Kalkutta. Er verließ Indien, wo bereits eine Apotheke und eine Frau für ihn bestimmt waren, und studierte Technische Chemie in Amerika, über Schweden und Deutschland kam er nach Graz: „Der Papa ist jetzt 82 Jahre alt, macht jeden Tag Yoga, steht am Kopf und ist topfit", erzählt Saha. Die Kostümbildnerei hat sie sich ohne Studium mit „Learning by Doing" angeeignet, allerdings hatte sie schon in der Modeschule mit Kollegen ihr eigenes Label und kreierte Hüte. Saha: „Das Theater ist ein Ort, an dem Hüte gebraucht werden. Ich habe viele Assistenzen gemacht, auch Flügel und Rüstungen hergestellt – für das Theater an der Wien, als es noch Musicaltheater war." Unter dem Label „Die Viecherei" stellt Saha ferner Maskottchen für die Werbung her.

Was hat es mit den großen Köpfen bei „Der Wind in den Weiden" auf sich? Saha: „Das sind die Menschen. Sie erinnern an das Buch ,Wo die wilden Kerle wohnen‘ von Maurice Sendak. Die Tiere tragen raffinierte Masken. Sie reagieren in ,Der Wind in den Weiden‘ ähnlich wie Kinder. Sie leben im Moment, sind nicht strukturiert. Eigentlich stören die Erwachsenen die Welt der Kinder mit all ihren Regeln und Gesetzen und mit ihrer Moral." Welche sind die Lieblingsfiguren der beiden Künstlerinnen aus dem Buch? Saha: „Ich mag den Maulwurf total gern. Er geht mit einer ganz offenen Naivität in die Welt und entdeckt alles neu." Eder hat ein Faible für den unangepassten Kröterich: „Er ist so frech und widerspenstig, er hat seinen eigenen Kopf. Eigentlich ist er ein wahrer Anarchist." 

Tipp

„Der Wind in den Weiden". Das Theaterstück nach Kenneth Grahame ist ab 24.  11. im Burg-Kasino zu sehen: Mit Martin Vischer, Sven Dolinski, Elisabeth Augustin. Ab 6 Jahren. Buch beim Arena-Verlag. www.burgtheater.at

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