Auf der Straße ist eine neue Spezies aufgetaucht und bringt prompt das diffizile Verkehrsbenutzergleichgewicht ins Wanken.
Auf der Straße ist eine neue Spezies aufgetaucht und bringt prompt das diffizile Verkehrsbenutzergleichgewicht ins Wanken. Bisher haben die jeweiligen Gruppen die jeweils anderen als ihre natürlichen Feinde betrachtet und sich auch so verhalten. Arschknapp oder noch knapper an einem Radfahrer vorbeizufahren galt unter Autofahrern als Kavaliersdelikt. Falls es manch einen Radfahrer vor Schreck umgeschmissen haben sollte, war das Pech. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Radfahrer, die durch betontes Langsam-durch-eine-enge-Gasse-Fahren nerven. Oder welche, die mit Karacho gegen die Einbahn donnern – und wehe, ein Autofahrer drückt auf die Hupe! Dann zeigen sie ihm mit einer Geste, was er für ein Spießer ist. Die Radfahrer ihrerseits haben ihre kleinen Machtkämpfe mit den Fußgängern, bei denen die Macht freilich mehr aufseiten der Radfahrer und der Kampf mehr aufseiten der Fußgänger ist. Die meisten beschränken sich auf grantiges Hinterherrufen: „Radfahren ist auf dem Gehsteig verboten!" bzw. „Hearst, kannst nit aufpassen, Gfrast, dreckiges!". Nur wenn jemand zufällig einen Gehstock dabeihat, kann es passieren, dass er oder sie ihn bedrohlich in Richtung Rad fahrendes Gfrast schwingt. Aber seit einiger Zeit ist eine unheimliche Scheinfriedlichkeit unter den Verkehrsteilnehmern eingekehrt, wie sie unter unterschiedlichen Interessensgruppen nur zustande kommt, wenn ein gemeinsamer Feind auftaucht. Einer, der die Gehsteige in Herzinfarktzonen verwandelt, Autofahrern die Straße und Radfahrern die Radwege wegnimmt und Geschäftsleute verärgert, weil er ihre Schaufenster verstellt. Manche sagen ja, E-Scooter sollten in die Liste der Dinge, auf die keiner gewartet hat, aufgenommen werden.