Salzburg: Zeit in Bildern

Inszeniert. Fröhliche Bildkritik betreibt das Kollektiv G.R.A.M. im Fotohof.
Inszeniert. Fröhliche Bildkritik betreibt das Kollektiv G.R.A.M. im Fotohof.(c) Matthias Cremer
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Antizyklisch wird Salzburg im Sommer zur Drehscheibe der Kunstszene.

Während sich der Kunstbetrieb in anderen Großstädten im Sommer eine Auszeit nimmt, läuft er in Salzburg just in dieser Zeit zur Hochform auf. „Schuld“ daran sind die Salzburger Festspiele. Fünf Wochen lang machen sie die Stadt mit ihrem Musik- und Theaterangebot zur kulturellen Hochburg Europas und ziehen nicht nur Kulturinteressierte aus der ganzen Welt an, sondern locken auch ein potentes Sammlerpublikum nach Salzburg. Museen, Ausstellungshäuser und Galerien haben ihre Programme darauf abgestimmt und warten mit hochkarätigen Ausstellungen auf. Die Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst sorgt mit ihrem Kurs- und Diskursangebot für zusätzliche Betriebsamkeit. Und auch der Kunstmarkt ist auf den Trend aufgesprungen: Seit einigen Jahren schon offerieren zwei elegante Sommermessen kaufwilligen Salzburg-­Besuchern Kunstwerke vom Feinsten aus allen Epochen. Wer bis dahin kein Sammler ist, kann jetzt einer werden.

Hochkarätig. Die Sommerakademie lädt zu Vorträgen und Stadtrundgängen.
Hochkarätig. Die Sommerakademie lädt zu Vorträgen und Stadtrundgängen.(c) Courtesy Galerie Ruzicska; Mira Turba

Bildgewalt. Für den künstlerischen Höhe-punkt des Festspielsommers sorgt der renommierte südafrikanische Künstler William Kentridge. Neo-Intendant Markus Hinterhäuser hat den Universalkünstler eingeladen, Alban Bergs „Wozzeck“ zu inszenieren. Kentridge arbeitet für seine raumgreifenden multimedialen Installationen unter anderem mit den Mitteln Animation, Schattenspiel, Zeichnung, Musik, Tanz und Performance, um daraus expressive Bilder und Narrative von großer Intensität zu erzeugen. Das Museum der Moderne widmet seinem Schaffen eine große Werkschau, die sowohl im Museum auf dem Mönchsberg als auch im nahe dem Festspielhaus gelegenen Rupertinum stattfindet. „Thick Time“, so der Titel der Schau, versammelt unter anderem acht große Installationen der vergangenen Jahre, darunter „The refusal of time“, entstanden für die Documenta 13, oder „More Sweetly Play the Dance“ aus dem Jahr 2015, eine 22 Meter lange Panoramaprojektion, die auf Paul Celans Todesfuge anspielt. Die Ausstellung im Rupertinum beleuchtet Kentridges Auseinandersetzung mit Theater und Oper, etwa seine Inszenierungen von „Il ritorno d’Ulisse“ (1998), „Die Zauberflöte“ (2003) oder „Lulu“ (2015). In einem Studio kann seine aktuelle Arbeit am „Wozzeck“ verfolgt werden.

Anspielungsreich. Geoffrey Farmer und Gareth Moore im Salzburger Kunstverein.
Anspielungsreich. Geoffrey Farmer und Gareth Moore im Salzburger Kunstverein. (c) Salzburger Kunstverein

Reich an Bezügen ist die Installation, die die beiden kanadischen Künstler Geoffrey Farmer, Vertreter Kanadas bei der Venedig-Biennale, und Gareth Moore für den Salzburger Kunstverein entwickelt haben. Da purzeln Münzen aus dem Bauch einer Schildkröte, eine Kanone wird in einem Auto quer durchs Land gefahren, Glühbirnen, Nebel und Wasserspiele verwandeln den Galerieraum in einen großen Teich. Japanische Mythologie, der altgriechische Mondkalender und verschiedenste Kosmologien spielen ebenso hinein wie eigene biografische Elemente. Gareth Moore hat auch ein Programm des Sunset Kinos kuratiert – eines Outdoor-Filmscreening-Programms mit Kunst- und Avantgardefilmen, das jeden Mittwochabend im Garten des Künstlerhauses stattfindet.

Um Vieldeutigkeit und Allegorie geht es auch in der Sommerschau des Domquartiers in den Prunkräumen der Residenz. Im Dialog mit dem allegorischen Bildprogramm der barocken Deckenfresken von Rottmayr, Altomonte & Co. spannt die Schau einen Bogen von Rembrandt, Rubens, Ruisdael über das 19. Jahrhundert, Munch und Kubin bis herauf zu Gegenwartskünstlern wie Erwin Bohatsch.

Kunstmarktparkett. Die Residenz ist auch Austragungsort der dritten Art&Antique Residenzhof. In einem Zelt präsentieren Händler aus Österreich und Deutschland Bilder, Skulpturen, Schmuck und Kunsthandwerk von der Antike über die Gotik bis zur Gegenwart (12. bis 20. 8.). Als inspirierender Kunstsalon mit den Schwerpunkten Klassische Moderne, Fotografie und Gegenwartskunst ist dagegen die von sechs Galeristen veranstaltete Art Salzburg in der eleganten Sala Terrena der Universität samt angeschlossenem Skulpturengarten angelegt (5. 8. bis 27. 8.).

Magisch. William Kentridge ist ein Meister der eindringlichen Inszenierung.
Magisch. William Kentridge ist ein Meister der eindringlichen Inszenierung.(c) Erwin Bohatsch / Museum der Moderne

Bei den zeitgenössischen Galerien stehen Malerei, Skulptur und die Kombination beider Medien hoch im Kurs. Ruzicska zeigt neue Farbskulpturen des Berliners Gerold Miller (21. 7. bis 31. 8). Ropac präsentiert im Stammhaus „Datums-, Drachen- und Schnitt-Bilder“ sowie Miniaturen von Imi Knoebel (29. 7.–26. 8.) und in der Halle Skulpturen, Installationen und Papierarbeiten des Schweizer Nomaden Not Vital. Josef Schwaiger setzt mit „topsy-turvy“ bei Eboran seine malerischen Untersuchungen zu Farbe und Abstraktion fort. Im Fotohof hinterfragt das Kollektiv G.R.A.M. unter dem Titel „Der Regenschirm, die Schaufel und der koreanische Tanz“ die Bedeutungsebenen von Bildern. Für Diskursivität in der Stadt sorgt einmal mehr die Sommerakademie, die unter dem Titel „Kunst produzieren!“ in der Galerie 5020 auch ein frei zugängliches Vortragsprogramm bietet. In Lectures werden unter anderem die Kunstszenen im asiatischen Raum verhandelt, Lehrende stellen in Kunstgesprächen ihre künstlerischen Strategien und Herangehensweisen vor.

Tipp

Termine: „William Kentridge: Thick Time“ im Museum der Moderne, 29. Juli bis 5. November. „Geoffrey Farmer & Gareth Moore: A Dark Switch Yawning, Neptune Skeletons Thronging, Black Bucket Prolonging, World Turtle Longing, Sink Plug Wroning“ im Salzburger Kunstverein, 29. Juli bis 1. Oktober.

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