Wilde Brüder in Währing

Benjamin (links) und Manuel Hötzendorfer vor der Bar ihres Lokals in Währing, mit Reminiszenzen aus dem Werk am Donaukanal.
Benjamin (links) und Manuel Hötzendorfer vor der Bar ihres Lokals in Währing, mit Reminiszenzen aus dem Werk am Donaukanal.(c) MIRJAM REITHER
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Als Neuzugang am Kutschkermarkt wollen Manuel und Benjamin Hötzendorfer junge Leute ansprechen. Vielleicht kommt auch bald der Kasperl.

Ein bisschen improvisiert sieht es noch aus, jedenfalls von außen: Das Schild fehlt noch, die Türe ist auch noch nicht die Letztversion. Eine Kreidetafel und der Blick durch die Fenster verraten freilich, dass man hier durchaus schon einkehren kann: Vor gut zwei Wochen haben Manuel (38) und Benjamin (36) Hötzendorfer in der Kutschkergasse, nur ein paar Schritte oberhalb des Markts, die „Wilde Ehe“ eröffnet. Wobei die beiden allenfalls wilde Brüder sind. „Das hätte vielleicht auch ganz gut gepasst“, sagt Benjamin Hötzendorfer.

Tatsächlich hat das Lokal auch die verschiedenen Vorstellungen der Brüder vereint, die ursprünglich aus Tragwein im Mühlviertel stammen: Benjamin, der lang für die Kunst- und Kulturinitiative Werk am Donaukanal gearbeitet hat, wollte eigentlich eine Bar aufsperren. Sein älterer Bruder Manuel, der vor gut drei Jahren als Quereinsteiger in der Küche des „Hase & Igel“ im zweiten Wiener Gemeindebezirk gelandet war, wollte kochen. Ihre „Wilde Ehe“ ist nun etwas dazwischen. Beziehungsweise beides.

Eine Bar, in der man Freunde auf ein, zwei, drei Getränke treffen kann und gleichzeitig ein Platz für jene, die gerne etwas essen wollen – es gibt eine kleine, wechselnde Karte mit viel Gemüse, aber auch mit Fleisch –, ungezwungen, ohne gleich echten Restaurantcharakter zu haben. Und das in einem Grätzel, das in puncto Abendgestaltung durchaus den einen oder anderen Neuzugang vertragen kann.

Benjamin Hötzendorfer kennt das aus eigener Erfahrung: Er wohnt selbst ums Eck. Und ist bisher für abendliche Getränke üblicherweise in den 16. Bezirk ausgewichen, auf den Yppenplatz. „Für jüngere, alternative Leute gibt es in der Gegend nicht viel“, sagt Manuel. Oder, gab: Denn genau die Lücke wollen sie schließen. Wobei, die Mischung macht's. Und wie Benjamin Hötzendorfer mit unverkennbar oberösterreichischem Einschlag meint: „Wir hoffen, dass es liabe Leut' anspricht.“

Einige Monate lang haben sie daher das urige Bierlokal umgebaut, das es hier zuvor einige Jahre lang gab: Die Nischen kamen weg, ebenso wie das viele dunkle Holz. Mit den rohen Ziegelwänden und den hohen Deckenbögen hat der Raum nun einen urbanen Charme. Dazu trägt auch die Bar mit ihren Graffiti bei, die an die Zeit der Brüder beim Werk erinnert: „Die Barplatten haben wir dort stibitzt, als umgebaut wurde“, sagt Benjamin.

Frühstück à la Herr Lehmann?

„Wir sind zu einer guten Zeit hergekommen“, sagt Manuel Hötzendorfer über die Gegend um ihr Lokal. „Der Kutschkermarkt pulsiert gerade irrsinnig.“ An den Samstagen ziehe sich der Bauernmarkt bis direkt vor ihr Lokal – möglicherweise werden sie es in Zukunft dann auch schon früher aufsperren als erst am Nachmittag. Auf Frühstück werden die Brüder aber (anders als andere Lokale im Grätzel) grundsätzlich nicht setzen. „Vielleicht bieten wir mal ein Frühstück à la Herr Lehmann an“, scherzt Manuel Hötzendorfer: „Schweinsbraten um elf.“

Angedacht sind kleinere Konzerte und Filmabende. Und ein Kasperltheater, für das die Brüder die „Wilde Ehe“ an manchen Sonntagen öffnen könnten. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Kasperl in den Räumlichkeiten zu sehen ist: Ein Nachbar hat unlängst erzählt, dass er am Fernseher der einstigen Gastwirtschaft vor Jahrzehnten das Puppentheater schaute. „Den laden wir dann wieder ein.“

AUF EINEN BLICK

Mitte Dezember haben die Brüder Manuel und Benjamin Hötzendorfer die „Wilde Ehe“ in der Kutschkergasse aufgesperrt. Geöffnet ist das (Nichtraucher-)Lokal Mo bis Do von 16 bis null Uhr sowie Fr und Sa von 16 bis zwei Uhr. Mehr Infos auf facebook.com/wildeehe und demnächst auf wildeehe.org.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2019)

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