Die Waschmaschine fürs Leben

Industriedesigner Peter Knobloch (r.) mit seinen Kollegen Bernhard Ranner, Billie Rehwald und Daniel Kloboucnik (v. l.).
Industriedesigner Peter Knobloch (r.) mit seinen Kollegen Bernhard Ranner, Billie Rehwald und Daniel Kloboucnik (v. l.).(c) Clemens Fabry
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Seit zwei Jahren tüftelt Peter Knobloch an der „hundertjährigen Waschmaschine“. Auf der Maker Faire präsentiert er den Zwischenstand.

In der Software würde man es einen „Scrum Sprint“ nennen, sagt Peter Knobloch: Wenn alle mit höchster Energie daran arbeiten, ein Zwischenziel eines großen Projekts zu erreichen. Die letzte Nacht haben seine drei Kollegen durchgearbeitet, in jener davor noch um vier Uhr morgens Nachrichten verschickt (sie seien aber sowieso Nachtmenschen, beruhigen sie).

Peter Knobloch programmiert allerdings keine Software, er baut eine Waschmaschine. Eine, die 100 Jahre lang nicht kaputtgehen soll (oder die, wenn sie kaputtgeht, leicht reparierbar ist). Den aktuellen Zwischenstand präsentiert er, wie schon im Vorjahr, an diesem Wochenende auf der Bastler-messe Maker Faire. Das sei ein guter Anlass, „um uns selbst unter Druck zu setzen“.

Den Anstoß zu seinem Projekt hatte ein Vortrag in der Arbeiterkammer geliefert. Dabei war es um das Schlagwort geplante Obsoleszenz gegangen, also das angebliche „Ablaufdatum“ von Produkten, und um das Argument, dass neue Waschmaschinen einen besseren Wirkungsgrad hätten. Knobloch überzeugte weder das eine noch das andere. An absichtliche Sollbruchstellen glaubt der Industriedesigner nicht: „Ich denke, es geht immer um Kostenoptimierung.“

Dass neue Waschmaschinen viel umweltfreundlicher seien, glaubt er aber auch nicht: Studien zufolge seien Verbesserungen in der Energieeffizienz schon seit den 1990er-Jahren ausgereizt. Er hält es für sinnvoller, die Geräte länger zu verwenden. Mit ihren vielen unterschiedlichen Komponenten sei eine Waschmaschine übrigens auch ein gutes Beispielprodukt. Zum Namen inspiriert hat ihn die „hundertjährige Glühbirne“, die seit 1901 in einer Feuerwache in Kalifornien brennt. Orientieren will er sich an ihr aber nicht: Sie sei nicht sehr energieeffizient, und sie werde immer schwächer. 100 Jahre seien aber eine glaubwürdige Größe, „ein Menschenleben: Meine Oma wurde 102,5.“

Umweltbewusste Techniker

Für Umweltthemen, sagt Knobloch, habe er sich rückblickend schon an der HTL interessiert. Nach der Matura arbeitete er, der heute nicht mehr fliegt, vier Jahre als Techniker am Flughafen, ehe ihm bewusst wurde, dass er lieber neue Maschinen entwirft. So studierte er Industriedesign an der Angewandten, an der er heute auch unterrichtet. Seine drei jüngeren Mitstreiter haben ebenfalls dort studiert. Einer, Bernhard Ranner, hat für seine Firma „Der ProtoTyp“ eine Werkstatt im 15. Bezirk; hier wird auch an der Waschmaschine getüftelt. Daniel Kloboucnik und Billie Rehwald führen das Designbüro Heavy Detail im Hauptberuf.

Derzeit, erklärt Knobloch, sei man „in der Phase, in der man Details herausnimmt und isoliert baut“. Drei erste dieser Versuchsaufbauten haben sie im Vorjahr auf der Maker Faire vorgestellt, heute und morgen werden drei neue präsentiert. Beim einen geht es um die beste Stellung der Achse – hier wollen die Wiener mit einer Mischung aus Top- und Frontloader eine Alternative zu den drei üblichen Bauarten bieten. Beim zweiten geht es um wasserführende Teile, beim dritten um die Schleuder. Mit dieser, lacht Knobloch, werde man durchaus zum Lärm auf der nicht eben leisen Messe beitragen.

Die meistgestellten Fragen kann er schon voraussagen: Wann wird die Maschine fertig sein – und wie viel wird sie kosten? Auf beides sei die Antwort: „Wissen wir noch nicht.“ Das positive Feedback dort stärke jedenfalls das Durchhaltevermögen, „und durch die Gespräche lernt man viel über das eigene Projekt“. Ansonsten könne man auf der Maker Faire aber auch einfach die neuesten 3-D-Drucker vergleichen. Die auch für die Waschmaschine relevant sind: Beim Reparieren helfen soll ein „digitales Ersatzteillager“: Die Daten für die Teile werden offen ins Netz gestellt, so können diese auf der ganzen Welt nachgefertigt werden.

AUF EINEN BLICK

Die Maker Faire Vienna findet heute und morgen in der Metastadt statt. Bei ihrer vierten Ausgabe treffen sich 900 Tüftler und Selbermacher zu Österreichs größtem Do-it-yourself-Festival. Thema ist „Die Stadt der Zukunft“. 2018 kamen 12.000 Besucher. Neben den 900 Ausstellern gibt es 40 Workshops, 30 Vorträge und viele Mitmachstationen. Zu Gast ist u.a. die niederländische Künstlergruppe Abacus Theater mit ihren Steampunk-Zeitmaschinen. Tickets: ab 6 €.

Web:www.makerfairevienna.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2019)

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