Geschichte, in Juwelen erzählt

Kohlmarkt-Juwelier Franz Fischmeister feiert 2020 das Vierteljahrtausend.
Kohlmarkt-Juwelier Franz Fischmeister feiert 2020 das Vierteljahrtausend. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Franz Fischmeister will den Kammerjuwelier am Kohlmarkt in die Zukunft führen: Mit Antikem, Vintage-Schmuck – und eigenem Design.

Von außen nimmt man vor allem eines wahr: das viele Silber. Auch an diesem Vormittag bleiben auf dem Weg vom Michaelerplatz zum Graben ein paar asiatische Touristen vor dem Geschäft am Kohlmarkt stehen, spähen durch die gewölbten Schaufenster herein. Drinnen bei Rozet & Fischmeister bietet Franz Fischmeister erst einmal einen Rundgang an. Durch dunkel getäfelte Verkaufsräume geht es durchs dahinter liegende Büro, vorbei an Bildern seines Urur- und Urururgroßvaters, übers Stiegenhaus und die Pawlatschen mit Blick auf barocke Wagenschuppen im Innenhof, hinauf in die Werkstatt, in der, unter anderem, eine alte Diamantschleifmaschine steht.

Unten, zurück im „Fürstenzimmer“, quellen die Kommoden über von silbernen Teekannen, Schälchen und Kerzenleuchtern. „Vom silbernen Zahnstocher bis zum Diamanten“, sagt Franz Fischmeister, „haben wir alles“. Immer wieder wird er in der nächsten Stunde mit den Worten „da hab ich was Tolles“ aufspringen, um Stücke zu zeigen. Eine opulente Art Déco-Kette (1915/1920), eine Brosche aus den Vierzigern oder Fünfzigern, ein riesiges, altes Bettelarmband, eine ganze „Biedermeiergarnitur“. Eine silberne Suppenschale von Gräfin Caroline Esterházy de Galántha. Oder auch die Wühlkiste, in der man nach vergleichsweise günstigen Vintage-Stücken graben kann: Geschichte, in Gold, Silber und Edelsteinen erzählt.

Lehrjahre in London

2016 hat Franz Fischmeister das 1770 gegründete Unternehmen von seinem Vater Georg übernommen. Letzterer sei nun offiziell in Pension, „aber er hilft mir noch“. Er selbst, erzählt Fischmeister Junior, hatte eigentlich Formel 1-Fahrer werden wollen. Diese erste Karriere endete früh, im Alter von geschätzten sieben, mit einem Unfall (ein Kart, ein Cousin, gebrochenes Plastik und ein verletzter Finger waren involviert). Weitere sieben Jahre später war die Sache dann relativ klar: „Mit 14 wollte ich dann schon die Schule abbrechen und die Lehre machen.“

Er schob doch noch Matura und Bundesheer ein, erlernte dann bei Seitner in der Dorotheergasse das Juweliershandwerk. Später arbeitete er in London im Verkauf: Bei Richard Ogden (der, wie Fischmeister glaubt, wohl lieber Kinderbuchautor geworden wäre, als das britische Traditionshaus zu übernehmen), danach beim Luxushändler Asprey, der seit 1995 dem Sultan von Brunei gehört („übrigens keine gute Idee, ein Unternehmen an seinen besten Kunden zu verkaufen“, sagt Fischmeister), schließlich bei Cartier.

Nun will er das eigene Familienunternehmen in die Zukunft führen. Das Interieur möge alt sein (aus 1911, gestaltet von Innenausstatter Portois & Fix, der u. a. gleich gegenüber auch den Demel eingerichtet hat), doch das Design sei modern: „Ich sage immer: Klassische Verarbeitungsmethoden, modern interpretiert.“ Vieles davon entstehe nach Kundenwünschen, gern auch mal nach Skizzen auf einer Serviette. In anderen Fällen, sagt der ausgebildete Gemmologe und Diamantgutachter, „sehe ich einen Stein und mach' was draus. Oder ich habe eine Idee und suche den passenden Stein.“ Seine Stücke postet er rege auf Instagram, die Schaufenster gestaltet seine Verlobte etwa mit Lego durchaus kreativ. Spezialanfertigungen zeichnet Fischmeister am Computer. Er habe nie besonders gut mit der Hand zeichnen können, gesteht er, „aber dass man etwas nicht zu Papier bringen kann, heißt nicht, dass man kein Design entwickeln kann.“ Beim Handel mit Antikem und Vintage hingegen konzentriert er sich auf „signierte, alte oder besondere Stücke“, die er auch auf Auslandsreisen findet.

Bald 250-Jahr-Jubiläum

Derzeit denkt der Juwelier vor allem ans nächste Jahr: Da steht das 250-Jahr-Jubiläum des einstigen Kammerjuweliers an. „Ein Vierteljahrtausend“. Ein befreundeter Historiker helfe, die Geschichte des Hauses zu rekonstruieren. Da wird sicher das Collier von Adele Bloch-Bauer eine Rolle spielen, zu dem Fischmeister noch eine Skizze hat. Oder das Petschaft – jener Stempel, mit dem der Staatsvertrag 1955 besiegelt wurde. „Auch den können Sie anschauen“, sagt er, zumindest die Replika, das Original befinde sich im Besitz der Familie Figl. Das Stück ist aus Bernstein, „weil lang nicht klar war, ob es zustande kommt, und Bernstein ist der einzige Stein, den ein Juwelier selbst bearbeiten kann.“

Auf einen Blick

Rozet & Fischmeister wurde 1770 von Nikolaus Rozet, einem nach Wien gezogenen Hugenotten, gegründet. Der Gold- und Silberarbeiter Franz Karl Fischmeister wurde sein Mitarbeiter. Heute führt Franz Fischmeister das Unternehmen am Kohlmarkt 11 in sechster Generation. Es bietet Tafelsilber (bei Bedarf auch Spezialanfertigungen), Juwelen sowie antiken und neuen Schmuck. Im Herbst 2020 feiert der Juwelier sein 250-Jahr-Jubiläum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2019)

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