Euro Pride: Wien trägt Regenbogen

Conchita Wurst, Organisatorin Katharina Kacerovsky, Moritz Yvon (Hosi), Maria Vassilakou und Jürgen Czernohorszky (v. l.).
Conchita Wurst, Organisatorin Katharina Kacerovsky, Moritz Yvon (Hosi), Maria Vassilakou und Jürgen Czernohorszky (v. l.).(c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Die Euro Pride bringt 50 Events, eine Konferenz, einen Lauf, Dörfer vor Rathaus und Votivkirche – und Hunderttausende Besucher.

Es war die Nacht nach dem Begräbnis von Judy Garland, die in den USA zur Schwulenikone geworden war. Im Greenwich Village spielte man „Over the Rainbow“, ihr Lied, das zur Hymne geworden war. In den Bars drängten sich die Menschen, Schwule, Dragqueens, Transvestiten, Transgenderleute, auch im Stonewall Inn in der Christopher Street.

Gegen 1.20 Uhr kam die Polizei. Eine ihrer üblichen willkürliche Razzien; wer dabei aufgegriffen wurde, verbrachte den Rest der Nacht im Gefängnis. Doch diesmal wehrte man sich. Die Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969 wurde zum Auslöser für den ersten ernst zu nehmenden Widerstand von Schwulen gegen diskriminierende Behandlung durch die Staatsmacht – und zum Beginn der Lesben- und Schwulenbewegung. Aus dem Gedenken an den Aufstand entstand deren Tradition, einmal jährlich im Sommer für ihre Rechte zu demonstrieren.

Ein halbes Jahrhundert später wird immer noch demonstriert, in den einzelnen Ländern und in Europa auch gemeinsam, bei der Euro Pride – die zum 50-Jahr-Jubiläum in Wien stattfindet. Dafür, sagt Organisatorin Katharina Kacerovsky, würden bis zu eine Million Menschen in Wien erwartet.

Wichtigstes Ziel, erklärte Kacerovsky am Donnerstag im Wiener Rathaus, sei auch heute noch die Sichtbarmachung der Bewegung. Dafür haben die Organisatoren nach „Hunderten Gesprächen“ namhafte Partner aus der Wirtschaft gewonnen, ein bunter ÖBB-Zug soll ebenso durch das Land fahren wie eine U-Bahn-Garnitur durch Wien, auf Supermarktportalen wie auf Limonadenflaschen wird einem die Regenbogenfahne in den nächsten Wochen in Österreich begegnen.

Pooltag und Wedding Day

Auftakt zur zweiwöchigen Euro Pride ist am 1. Juni mit dem Fest „Andersrum in Mariahilf“. Es folgen eine Gala im Kunsthistorischen Museum, ein Beach-Tag in der Strandbar Hermann und ein Zootag in Schönbrunn, ein Pooltag im Schönbrunner Bad und eine Kinonacht im Gartenbaukino. Neu ist auch der Wedding Day, in dessen Rahmen sich Paare im Hotel Le Meridien das Ja-Wort geben können.

Dazu kommt eine dreitägige Konferenz im Rathaus bzw. an der Uni Wien, bei der es u. a. um die Bedeutung von Diversität für Unternehmen gehen wird. Insgesamt, so Kacerovsky, wolle man mit mehr als 50 Veranstaltungen aufzeigen, dass LGBTIQ-Menschen (das sperrige Kürzel steht für homo-, bi-, trans- und intersexuelle Personen) „nicht kategorisierbar sind“.

Für die Besucher soll es diesmal zwei Zeltstädte geben: ein Village auf dem Rathausplatz, dazu den Euro-Pride-Park im Sigmund-Freud-Park, beide mit Bühnen, Restaurants, Clubs und Platz für Organisationen. Am 14. Juni gibt es zum zweiten Mal einen „Run for Acceptance“, zu dem Familienangehörige, Kollegen, Freunde, Firmen und Organisationen eingeladen sind. SPÖ-Sozial- und Sportstadtrat Peter Hacker eröffnet den Fünf-Kilometer-Lauf, Antidiskriminierungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (ebenfalls SPÖ) läuft mit. Letzterer hat erst jüngst mit Kacerovsky die Veranstaltung in Brüssel beworben und bekundete „unglaubliche Vorfreude“ – nicht ohne Seitenhiebe auf die (bisherige) Bundesregierung, die es nötig gemacht habe, Rechte vor Gericht zu erkämpfen.

Noch-Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) richtete sich vor allem an Kanzler Sebastian Kurz. Es fehle, dass er Fehler eingestehe. Und es fehle noch die Zusage als Redner auf der Regenbogenparade am 15. Juni – für die Kundgebung werden Bundespräsident Alexander Van der Bellen, EU-Justizkommissarin Vera Jourova, Bürgermeister Michael Ludwig und Conchita Wurst erwartet. Moritz Yvon, Obmann der Homosexuelleninitiative, rechnet mit „mehr als 300.000, möglicherweise bis zu 500.000 Menschen, eine Rekordteilnehmerzahl“.

Auf einen Blick

Die Euro Pride findet vom 1. bis 16. Juni zum zweiten Mal nach 2001 in Wien statt. Sie ist die größte Veranstaltung der europäischen LGBTIQ-Community, die sich für Rechte homo-, bi-, trans- und intersexueller Personen einsetzt. Dazu gehören rund 50 Veranstaltungen inklusive einer Konferenz. Höhepunkte sind der Life Ball am 8. Juni und die Regenbogenparade am 15. Juni. Gefeiert werden dabei 50 Jahre Stonewall-Aufstand und 40 Jahre Homosexuelleninitiative (Hosi) Wien. In Summe werden rund eine Million Besucher aus ganz Europa erwartet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2019)

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