Life Ball: Einmal noch krachen lassen

Zirkusdirektor Bernhard Paul (li.), Artistin Lili Paul und Life-Ball-Chef Gery Keszler.
Zirkusdirektor Bernhard Paul (li.), Artistin Lili Paul und Life-Ball-Chef Gery Keszler. (c) Akos Burg
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Die ersten Stars reisen an, der Rathausplatz wird zum Rummelplatz umgestaltet. „Das wird das Finale furioso“, sagt Ballorganisator Gery Keszler.

Gery Keszler ist gestresst: Das Grau des Teppichs ist eine Nuance zu hell – denn eigentlich sollte er dünkler sein als die Gesichter derer, die drüberspazieren. „De facto passiert die Endgestaltung wirklich in den letzten Stunden vor dem Ball“, sagt der Organisator, während um ihn herum am Rathausplatz geschraubt und gehämmert wird: Dort, wo am Samstag zum wohl letzten Mal für den Kampf gegen HIV/Aids das Leben gefeiert wird, ist aktuell Baustelle.

Während mit der Burlesquetänzerin Dita von Teese der erste Stargast am Wiener Flughafen ankommt – heute reisen etwa der deutsche Musikproduzent Mousse T., Sängerin Aura Dione und Schauspieler Gilles Marini an, auch Katie Holmes hat sich angesagt – wird vor dem Rathaus noch an der Ballbühne gefeilt: Es ist ein (symbolisches) Zirkuszelt, links und rechts zwei Portale in Regenbogenfarben, die wie zahlreiche andere Elemente in der Werkstatt des Circus Roncalli in Köln teils extra für den Ball angefertigt und seit einer Woche mit dutzenden Lkw nach Wien transportiert wurden.

Das Rathaus wird unter anderem mit einem (nicht ganz so großen) Riesenrad neben der Bühne, einer hundertjährigen Orgel und einem fast ebenso alten Spiegelzelt im Arkadenhof für den 26. Life Ball zum Rummelplatz. Moderiert wird das Event von Conchita Wurst als Zirkusdirektor und Dianne Brill, der Muse von Andy Warhol. Über den Rathausplatz ziehen dabei Zirkusfreaks, die den Zauberer von Oz treffen – und ins Farbenspektrum des Regenbogens gebracht werden.

„Wir haben denselben Knall“

„Das Thema Zirkus und spannende Figuren aus der Zirkuswelt sind heuer Teil dieses Spaziergangs über den Regenbogen“, sagt Keszler. Entstanden ist die Idee aus dem Shooting für die Style Bible des Life Balls, für das Roncalli-Chef Bernhard Paul die Kulisse bot. „Wir sind so herzlich in diese Zirkuswelt aufgenommen worden. Dann haben wir uns näher kennengelernt und gemerkt, dass wir ziemlich genau denselben Knall haben“, sagt Keszler.

Paul – dessen Töchter, die Artistinnen Vivi und Lili Paul, sich bei der Eröffnung an einem Luster über die Bühne schwingen werden – hat für den Ball nur lobende Worte: Er werde anderswo noch viel mehr geschätzt als in Wien, habe Weltruf, bewege die Menschen von New York bis Rio de Janeiro. „Da kommen die ganzen bunten Leute aus ihren Löchern, die man sonst nie sieht. Und man weiß: Hoffnung, es gibt noch Verrückte.“

Das diesjährige Programm ist dabei für Keszler „irgendwo ein bisschen ein Testament. Und es führt mich eigentlich emotional an den ersten Life Ball zurück“, sagt er – während er zwischendurch über die kurzfristigen finanziellen Einbußen klagt, die letztlich zum Ende des Balls geführt haben, darüber, dass man etwa nur sehr limitiert Gäste einfliegen könne und über manche „Schmutzkübelgeschichte“.

„Wir mussten extrem sparsam agieren – dann muss man noch fantasievoller sein“, sagt Keszler. Zugleich geht man damit ein bisschen zurück zu den Wurzeln: Das opulente Feiern des Lebens berge auch die Gefahr, dass das Wesentliche in den Hintergrund gerate. „Jetzt habe ich sehr bewusst eine Show entwickelt, die ganz auf Inhalte zielt, aus der Not eine Tugend gemacht. Man kann sich heuer wirklich auf das konzentrieren, was wir erzählen wollen, und was wir noch einmal vererben wollen.“ Dass es langweilig wird, muss man aber nicht befürchten. „Das wird das Finale furioso“, sagt Keszler. „Wir lassen es noch einmal so richtig krachen. Dieser Life Ball ist ein Leuchtturm geworden, der weltweit strahlt und weiter strahlen wird – auch wenn es das Event nicht mehr gibt.“

Was macht man aus dem Erbe?

Ob es tatsächlich so kommt, wird sich weisen. Immerhin hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) angekündigt, er wolle sich um eine Weiterführung des Life Balls bemühen. „Ich stehe natürlich für Gespräche im Herbst zur Verfügung, was man aus diesem Erbe machen kann, und welche Kinder das übernehmen könnten“, sagt Keszler – wenngleich diese Kinder aktuell nicht in Sicht seien. „Was ich für eine Rolle dabei spielen könnte – darüber bin ich mir nicht einmal selber im Klaren.“

AUF EINEN BLICK

Der Life Ball am Samstag steht unter dem Motto „United in Diversity“. Aus finanziellen Gründen soll es laut Organisator Gery Keszler der letzte sein. Bürgermeister Michael Ludwig hat zuletzt angekündigt, er wolle sich sehr für das Weiterbestehen des Balls einsetzen. Am Samstag wird der Rathausplatz – der zu einem Rummelplatz und Zirkuslocation umfunktioniert wurde – für Schaulustige bereits um 15 Uhr geöffnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2019)

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