Durchsichtig, flach, flexibel

Durchsichtig flach flexibel
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Forscher der Uni Linz haben einen optischen Sensor entwickelt, der weltweit erstmals alle Beschränkungen von starren Systemen überwindet.

Herkömmliche Elektronik hat einen großen Nachteil: Die Bauteile, insbesondere Displays, sind starr – daher sieht ein Tablet-PC so aus, wie er eben aussieht. In Labors wird an flexiblen Alternativen gearbeitet. So haben Wissenschaftler am steirischen Forschungszentrum Joanneum Research einen Druck- und Temperatursensor entwickelt, der auf eine flexible Folie aufgedruckt ist. Diese als „PyzoFlex“ patentierte Technologie besteht im Kern aus einer gepolten ferroelektrischen Polymerschicht, die zwischen zwei Elektroden eingebettet ist. Aufgedruckte Transistoren und andere elektronische Bauelemente aus Polymeren sorgen dafür, dass sich zum Beispiel Geräte konstruieren lassen, die per Fingerzeig gesteuert werden – wobei die Größe und die Form grundsätzlich unbegrenzt sind.

Einen ganz anderen Weg zur Konstruktion von flexiblen Sensoren haben Forscher der Uni Linz eingeschlagen: Oliver Bimber und Alexander Koppelhuber (Institut für Computergrafik) arbeiten an einem optischen Sensor, der biegbar und transparent ist. Es handelt sich dabei um eine Kunststofffolie, in die fluoreszierende Partikel eingebettet sind. Diese absorbieren Licht einer bestimmten Wellenlänge und geben Licht mit einer niedrigeren Frequenz wieder ab, das dann innerhalb der Kunststoffschicht durch Totalreflexion an den Rand geleitet wird. Man nennt solche Vorrichtungen „Lumineszenzkonzentratoren“, sie werden etwa bei Solaranlagen eingesetzt, um die Stromausbeute aus dem Licht zu steigern.


Lichtfelder. Bei dem Bildsensor ist der Rand der Folie in Form von Dreiecken ausgeschnitten, die dort auftreffenden Lichtstrahlen werden mithilfe von Fotodioden registriert. Der Clou dabei: Die Daten aus der Zeilenkamera können als „Lichtfeld“ interpretiert werden. Das ist eine spezielle Beschreibung von Lichtstrahlen: Erfasst werden nicht nur die drei Raumdimensionen, die die Lage eines Gegenstands, der Lichtstrahlen aussendet, beschreiben, sondern zusätzlich die Richtung, aus der ein Lichtstrahl auf einem Sensor auftrifft. Dadurch hat man mehr Informationen zur Verfügung.

Dieses Prinzip liegt beispielsweise den Kameras der US-Firma Lytro zugrunde, bei denen man nachträglich die Schärfeebene eines Fotos verändern kann. Der innovative Bildsensor aus Linz ist ein zweidimensionales Lichtfeld, von dem ausgehend durch mathematische Verfahren – ähnlich einer Computertomografie – jenes Bild rekonstruiert werden kann, das auf der Folienoberfläche abgebildet ist.

Gearbeitet haben die Forscher an dem Sensor bisher eineinhalb Jahre – und zwar mit Unterstützung von Microsoft Research in Cambridge. Bisher war das reine Grundlagenforschung, nun liegen die ersten funktionstüchtigen Prototypen vor, Microsoft wird die Weiterentwicklung für weitere drei Jahre fördern. Nach Angaben der Linzer Forscher handelt es sich um den weltweit ersten flexiblen und transparenten Bildsensor, der im Prinzip in jeder beliebigen Größe aus einem billigen Material hergestellt werden kann.

Der Sensor ist für die Computerindustrie äußerst interessant: Mit diesem Prinzip können völlig neue Möglichkeiten implementiert werde, wie der Mensch mit Computern interagiert. So ist es denkbar, Touchscreens zu bauen, die gar nicht mehr berührt werden brauchen, es reicht zum Beispiel schon der Schatten eines Fingers. Denkbar ist auch der Bau von Kameras mit mehreren Lagen von unterschiedlich lichtempfindlichen Folien: Dann könnten dunkle und helle Bereiche von kontrastreichen Objekten gleichzeitig aufgenommen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2012)

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