Dem guten Ton auf der Spur

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guten Spur(c) REUTERS (Damir Sagolj)
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Ein Grazer Forscherkonsortium verbessert gemeinsam mit Unternehmen in einem Comet-K-Projekt die akustische Signalverarbeitung.

Das Ohr ist ein erstaunliches Sinnesorgan: Mühelos filtern Menschen aus einem auch noch so komplizierten Gemisch von Geräuschen jene Informationen heraus, die sie interessieren. Wie sehr da die Technik hinterher hinkt, weiß jeder, der von einem Hörapparat abhängig ist: Auch mit den besten Geräten ist es kaum möglich, in einem Stimmengewirr dem Satz eines bestimmten Sprechers zu folgen.

Die Evolution hat dafür effiziente Lösungen gefunden. Der Schall wird bereits auf seinem Weg von der Ohrmuschel ins Innenohr moduliert, das im Hörnerv erzeugte elektrische Signal wird weiterverarbeitet. Schallquellen können sogar geortet werden – etwa durch Lautstärke-, Laufzeit- und Klangunterschiede.

Um an solche Informationen zu gelangen, muss die Technik einen aufwendigen Umweg gehen: Die Schwingungsmuster müssen durch mathematische Verfahren in unterschiedliche Tonhöhen, Lautstärken, Zeitmuster etc. getrennt werden. Erst dadurch kann „Nutzschall“ von „Störschall“ unterschieden werden. Etwa: Was ist bei einem Handytelefonat ein gesprochenes Wort? Und was stammt von einem Autogeräusch, das durch die Freisprecheinrichtung ebenfalls aufgenommen wird? Denn verstärkt werden sollen ja nur die Wörter, nicht aber der Motorenlärm.


Umgebungsgeräusche.
Technisch ist das alles andere als trivial, für immer mehr Anwendungen ist eine verbesserte akustische Signalverarbeitung aber unumgänglich – vom Handytelefonieren über Telekonferenzen bis hin zu Headsets etwa für Callcenter. In Graz hat sich in den letzten Jahren ein Konsortium gefunden, das alle dafür notwendigen Kompetenzen umfasst. „Wir suchen intelligente akustische Lösungen“, erläutert Maria Fellner. Sie ist Mitarbeiterin des Bereichs „Digital“ des steirischen Forschungszentrums Joanneum Research und koordiniert das neue K-Projekt „Acoustic Sensing & Design“ (ASD), eines der zehn neuen K-Projekte, die bei der jüngsten Ausschreibung des Kompetenzzentrenprogramms COMET genehmigt wurden.

ASD baut auf dem Vorgängerprojekt „Advanced Audio Processing“ (AAP) auf, hat aber zusätzliche Partner mit an Bord. Auf wissenschaftlicher Seite kooperieren Joanneum Research, die TU Graz und die Kunstuni Graz. Unternehmenspartner sind u.a. der Mikrofonproduzent AKG, der Diktiergeräte-Spezialist Speech Processing Solutions (ehemals Philips), aber auch der Chiphersteller Austriamicrosystems oder der Autotechnologie-Lieferant AVL List. Für die nächsten vier Jahre steht dem Konsortium ein Budget von 2,92 Millionen Euro bereit. Förderungen kommen von der FFG und vom Land Steiermark.

Die Forschung konzentriert sich zum einen auf die Signalwahrnehmung, v.a. auf versteckte Informationen in Umweltgeräuschen. Diese sollen bei Sprachanwendungen herausgefiltert werden, um die Audio-Qualität zu verbessern oder den möglichen Abstand zwischen Schallquelle und Aufnahmegerät vergrößern zu können. Bei anderen Anwendungen kann aber gerade die Information in den Geräuschen die wichtige sein – z.B. in Produktionsprozessen oder bei der akustischen Detektion von Unfällen (etwa in Tunneln). „Dabei sind immer zwei Komponenten wichtig: das Design von Mikrofon-Arrays sowie geeignete Algorithmen“, erläutert Fellner.


Sound-Design. In ASD geht es zum anderen aber auch um das bewusste Gestalten von Umgebungsgeräuschen. Ein Beispiel dafür sind Elektroautos, deren Antrieb ja keinen Motorenlärm verursacht. Ob eine gefundene Lösung gut ist, entscheidet nicht irgendeine Technik, sondern ganz allein der Mensch. In Graz wurde dazu ein Hörraum eingerichtet, in dem speziell begabte und geschulte Menschen – aus einem 40-köpfigen „Expert Listening Panel“ – überprüfen können, ob z.B. ein neuer Kopfhörer den Erwartungen entspricht oder ob der eingebaute Signalverarbeitungs-Algorithmus noch weiter verbessert werden muss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.01.2013)

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