Wenn Keime unempfindlich werden

Eine Forschergruppe hat einen neuen Mechanismus entdeckt, wie Bakterien resistent werden.

Das Phänomen kennt man schon lange: Mit der Zeit werden Bakterien resistent, also unempfindlich gegen jene Substanzen, die eigentlich giftig für sie sind. Bei manchen Bakterien hat das erschreckende Ausmaße angenommen: In Spitälern grassieren multiresistente Keime, gegen die kaum noch ein Mittel wirkt. Dadurch können an sich harmlose Infektionen zu lebensbedrohlichen Krankheiten werden.

Gemeinhin stellt man sich die Entstehung von Resistenzen so vor: In einer Bakterienpopulation gibt es einzelne Zellen, die eine Mutation tragen, die sie weniger empfindlich gegen den Wirkstoff macht. Vor allem dann, wenn eine Antibiotikabehandlung vorzeitig abgebrochen wird (weil man glaubt, eh schon gesund zu sein), dann überleben diese Keime zu einem höheren Prozentsatz. Wenn sie sich später wieder vermehren, dann ist die neue Bakterienpopulation resistent.

Nun hat eine internationale Forschergruppe, an der Remy Chait vom Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg beteiligt war, einen völlig neuen Mechanismus der Resistenz-Entstehung entdeckt. Untersucht wurde dabei Mycobacterium smegmatis, ein Verwandter des Tuberkulose-Erregers, der mit dem Antibiotikum Isoniazid behandelt wurde. Bisher dachte man, dass jene Zellen, die sich gerade nicht teilen („Persister-Zellen“), den Chemie-Angriff überstehen. Die Forscher schildern nun aber in Science (339, S. 91), dass das Überleben unabhängig von der Vermehrungsrate war, sondern mit Schwankungen bei der Produktion des Enzyms KatG zusammenhängt. KatG macht aus Isoniazid erst die giftig wirkende Chemikalie.

Das Spannende dabei: Die KatG-Produktion schwankte zufällig, die Zellen überlebten in bestimmten Zeiträumen zwischen diesen Zufallsausstößen. Wie das zu interpretieren ist, ist noch offen – ebenso wie die Frage, ob es diesen neuen Mechanismus auch bei anderen Bakterien gibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2013)

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