Ultimatumspiel: Schimpansen sind fair wie wir

(c) AP (Martin Meissner)
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Im Vergleich mit Kindern zeigen die nächsten Verwandten einen gleich großen Gerechtigkeitssinn.

Haben Schimpansen einen Sinn für Fairness und Gerechtigkeit? In der Natur zeigen sie manches, so hat etwa eine Schimpansin einen Streit zwischen zwei Jungen um einen Ast dadurch geschlichtet, dass sie ihn in zwei Hälften brach und jedem eine gab. Das ist natürlich „anecdotal evidence“, und dort, wo es um harte Fakten geht, in Experimenten in Labors, tobt seit Jahren ein erbitterter Streit zwischen denjenigen, die einen grundsätzlichen Unterschied zwischen uns und unseren Cousins sehen, und jenen, die nur graduelle Übergänge erblicken.

Die Frage der Fairness ist eine der letzten Grenzen, viele andere sind erodiert, auch Schimpansen haben Werkzeuge, auch sie haben Kulturen, die weitergegeben werden. Aber haben auch sie ein Gerechtigkeitsgefühl, das bei uns die Grundlage der Moral bildet?

Menschen teilen. Und Affen?

Nein, antwortet es beharrlich aus Leipzig, wo Michael Tomasello Menschenkinder und Schimpansen in immer neuen Experimenten vergleicht, zuletzt in einer Variante des Ultimatumspiels, mit ihm messen Psychologen Fairness: Spieler A erhält vom Spielleiter Geld, er kann davon B abgeben, so viel er mag. B kann akzeptieren oder nicht, dann erhalten beide nichts. Es wird also die Fairness von A getestet und der Gerechtigkeitssinn von B. Menschen geben um die 50Prozent ab, Schimpansen geben nichts, das war der letzte Befund Tomasellos.

Allerdings wurde für den Test ein komplizierter Apparat eingesetzt, der die Intelligenz von Schimpansen wohl überforderte. Das vermutet Tomasellos alter Widersacher, Frans de Waal (Emory), er hat ein einfacheres Ultimatumspiel ersonnen: Dabei können Kind und Schimpanse A zwischen zwei Objekten wählen – eines verspricht nur ihnen eine Belohnung, das andere eine gleich große auch dem B –, dann reichen sie es dem B, und er kann zustimmen oder ablehnen (Pnas, 14.1.). Kinder und Schimpansen zeigten den gleichen Grad der Fairness, „sie haben exakt die gleiche Präferenz wie wir“, schließt de Waal. Man darf auf Tomasellos nächstes Experiment gespannt sein. jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2013)

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