Hoffnung gegen Fett: Darmflora auf schlank trimmen!

Hoffnung gegen Fett
Hoffnung gegen Fett(c) AP (JOHN SHOLTIS)
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Forscher erkunden eine frappante Nebenwirkung chirurgischer Magen-Bypasses: Die Bakterien im Darm ändern sich.

Wenn bei Fettleibigkeit überhaupt nichts mehr hilft, hilft nur noch ein Bypass, etwa der Roux-es Y gastric bypass (RYGP), bei dem wird der Magen stark verkleinert und der erste Darmabschnitt umgangen. Durch diesen chirurgischen Eingriff wird die Nahrungsaufnahme direkt minimiert, es stellen sich aber auch hilfreiche Nebenfolgen ein: Wer sich mit einer Diät schlank hungern will, bekommt oft stärkeren Appetit, die Lust auf fett- und kohlenhydratreiche Speisen wächst, der ganze Stoffwechsel stellt sich so um, dass das Gewicht erhalten bleibt.

Bei RYGP hingegen berichten Patienten bald nach der Operation, dass sie Hunger verlieren, sich mehr für energiearme Speisen interessieren, und messen kann man eine Verschiebung der Hormone, die für die Steuerung des Hungers verantwortlich sind. Wo kommt das alles her? Schlicht von der Operation? Nein, es geht einen Umweg über die Darmflora, all die Bakterien, die im Verdauungstrakt hausen und für uns vorkauen. Diese Bakteriengemeinschaft – man fasst sie auch unter „Mikrobiom“ zusammen –, stellt sich nach RYGP um, eine Gruppe um Lee Kaplan (Massachusetts General Hospital, Boston) hat es an Mäusen gezeigt, an extrem fetten: Man hat ihre Mägen/Gedärme durch RYGP verkleinert und sie bei einer Gruppe so gelassen. Bei zwei anderen machte man den Eingriff wieder rückgängig – das sollte zeigen, ob es direkt um die Operation geht oder nicht –, dann wurde eine Gruppe auf energiereiche Nahrung gesetzt, die andere auf energiearme.

30 Prozent weniger in zwei Wochen

Nach einer Woche hatte sich das Mikrobiom der RYGP-Mäuse umgestellt, und nach drei Wochen hatten die Tiere – bei freier Nahrungswahl – 30 Prozent ihres Körpergewichts verloren. Um so viel erschlankte auch die Schmalkost-Kontrollgruppe, die andere blieb fett. Und die RYGP-Mäuse gaben ohne Aktivitätsänderung mehr Energie aus (Science Translational Medicine, 27.3.).

Dann kam der entscheidende Schritt des Experiments, die Forscher verpflanzten die Darmflora der RYPG-Mäuse und der Kontrollmäuse auf Mäuse ohne Darmflora. Und die Mäuse, die RYPG-Darmflora erhalten hatten, verloren Gewicht: „Unsere Studie zeigt, dass es ein wertvolles Werkzeug gegen Fettleibigkeit werden könnte, wenn wir lernen, Bakteriengemeinschaften ohne Operation so zu manipulieren, wie sie durch die RYPG manipuliert werden“, schließt Kaplan, mahnt aber zu Geduld: „Wir müssen noch viel lernen.“ jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2013)

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