Die Gase der Tiere

Schafe auf der Weide
Schafe auf der Weidewww.BilderBox.com
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Rund 15 Prozent der globalen Erwärmung werden durch Methan und Lachgas verursacht, die bei der Tierzucht entstehen. Einige nun veröffentlichte Studien bringen neue Fakten.

Die Debatte um den Klimawandel dreht sich fast ausschließlich um CO2. Nur am Rand kommen die übrigen Treibhausgase vor. Der nach dem Verheizen von Brennstoffen zweitgrößte Beitrag zur globalen Erwärmung ist die Tierzucht, bei der insbesondere Methan (CH4) und – mittelbar – Lachgas (N2O) frei werden. Beide Gase haben ein Vielfaches der Treibhauswirkung von CO2: Methan wirkt 25-mal stärker, Lachgas sogar 298-mal. Die beiden Gase zusammen werden für rund ein Viertel des vom Menschen verursachten Treibhauseffekts verantwortlich gemacht; 60 Prozent davon entfallen auf die Tierzucht.

Einer der Gründe, warum sich die Diskussion auf CO2 konzentriert, ist, dass die Erfassung der Methan- und Lachgasemissionen nicht so einfach ist. Gleich mehrere Forschergruppen haben nun aber exaktere Daten veröffentlicht. Laut einer Studie der UN-Ernährungsorganisation FAO sorgt der Tierzuchtsektor für die Emission von 7,1 Gigatonnen (Mrd. Tonnen) CO2-Äquivalent – in dieses Maß fließen die Mengen sowie die Wirkung als Treibhausgas ein.

Der größte Brocken ist Methan, das vorwiegend aus dem Verdauungstrakt von Wiederkäuern (Rindern, Büffeln, Schafen und Ziegen) stammt: Es wird durch die Aktivität von Mikroorganismen gebildet, die im Magen bzw. Darm der Tiere leben, sonst unverdaulichen Kohlenhydrate (Zellulose etc.) spalten und dadurch verdaulich machen. Methan entsteht aber auch, wenn organisches Material, etwa Viehdung, gelagert wird und unter Luftabschluss vor sich hin gärt.


Methan rülpsen. Der zweite große Brocken der Emissionen ist Lachgas, das zum Teil ebenfalls aus organischem Dünger frei wird, wenn dieser gelagert wird. Exakter formuliert: Es wird Ammoniak abgegeben, der in der Luft teilweise zu Lachgas oxidiert wird. Dieses wird aber auch in überdüngten Böden gebildet – sowohl aus organischen als auch aus mineralischen Düngemitteln.

Dazu kommen dann noch direkte CO2-Emissionen (in vergleichbarer Höhe), die durch den Energieeinsatz in der Ernährungswirtschaft entstehen und bei der Umwandlung von Wäldern in Viehweiden bzw. von Grünland in Äcker frei werden.

Bei der Herstellung von einem Kilo Milchprotein fallen um 1,5- bis fünfmal weniger Treibhausgase an als bei Fleisch – das liegt daran, dass die Futterverwertung für die Milchproduktion effizienter ist als für den Aufbau neuer Muskelmasse. Aber auch innerhalb der jeweiligen Sektoren gibt es dramatische Unterschiede, wie eine diese Woche in PNAS (17.12.) veröffentlichte Studie zeigt, an der Wissenschaftler des Instituts für angewandte Systemtheorie (IIASA) in Laxenburg beteiligt waren: Die Emissionen werden v.a. davon bestimmt, wie effizient Futter verwertet wird – das hängt etwa von der Qualität des Futters, von den Haltungsbedingungen oder der medizinischen Versorgung der Tiere ab. Allgemein gilt: Agrarsysteme mit geringerer Produktivität haben höhere Emissionen. In Osteuropa z.B. entstehen bei der Herstellung von einem Kilo Fleisch fünfmal weniger Treibhausgase als in Südasien.

Es liegt aber freilich nicht nur an der Effizienz, sondern auch an der schieren Zahl der Tiere: Laut einem diese Woche in „Nature Climate Change“ (20.12.) veröffentlichten Artikel, an dem Helmut Haberl, Forscher am Institut für Soziale Ökologie der Uni Klagenfurt mitgeschrieben hat, ist die Zahl der Wiederkäuer in den vergangenen 50 Jahren um 50 Prozent (auf 3,6 Mrd.) gestiegen; mehr als ein Viertel der Landfläche der Erde wird als Weideland genutzt, ein Drittel der Ackerfläche für den Anbau von Futterpflanzen. Der Schluss der Forscher: Durch weniger Wiederkäuer ließe sich der Treibhausgasausstoß rascher bekämpfen als durch eine reine CO2-Reduktion.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2013)

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