Nachruf: Quanten und Glauben

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Wolfgang Kummer (1935–2007).

Die Physik hat ein Weltbild – aber keine Weltanschauung. Diese Unterscheidung war Wolfgang Kummer, einem wesentlichen Vertreter der theoretischen Physik in Österreich, zeitlebens wichtig. Er arbeitete lange an vorderster Front der Physik – an der „Großen Vereinheitlichten Theorie“, der Vereinigung der beiden großen physikalischen Theorien des 20.Jahrhunderts, der Quanten- und der Relativitätstheorie –, er verteidigte die Wissenschaft gegen Vereinnahmungsversuche seitens der Esoterik, er appellierte an die Philosophie, sich den Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaft zu stellen, doch er trat nie als Wissenschaftsgläubiger auf, davor bewahrte ihn schon sein christlicher Glauben.

Nach dem Studium an der TU Wien hatte es den gebürtigen Kremser dorthin gezogen, wo die Welt der Teilchen erfahrbar wurde: an das Forschungszentrum Cern in Genf, wo er u.a. mit Viktor Weißkopf arbeitete. 1966 wurde er Direktor des Instituts für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. An der TU Wien war er seit 1968 Ordinarius für Theoretische Physik, ab 1995 Institutsvorstand. Er engagierte sich für die Standesanliegen an seiner Universität. Die Hochschulreformen der vergangenen Jahre (Dienstrecht, Organisationsrecht) begrüßte er und schuf sich damit – auch durch Beiträge in der „Presse“ – nicht nur Freunde. Auch nach seiner Emeritierung blieb er höchst aktiv, noch zwei Wochen vor seinem Tod traf er mit Diplomanden zusammen. Wolfgang Kummer ist nach langer, schwerer Krankheit gestorben. tk/ewi

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2007)

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