Günstige Winde halfen den Pazifiksiedlern

(C) Tim Mackrell, Macquarie Univerity
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Beim Ansteuern der entlegensten Inseln ermöglichten Klimaanomalien das Segeln mit dem Wind.

Vieles ist unklar an der letzten großen Besiedelung, der des Pazifik. Um das Jahr 900 waren die meisten Inseln erreicht, bei kleineren und weiter entlegenen dauerte es bis zum 13. Jahrhundert. Aber wo kamen diese Menschen her und wie rasch kamen sie voran? Manches deutet darauf, dass sie sich via „Express Train“ (Jared Diamond) sehr schnell von Taiwan her ausbreiteten, anderes legt eher ein gemächliches Hüpfen von Insel zu Insel von den Philippinen ausgehend nahe. Zweifelsfrei klären konnten es weder Genanalysen der heutigen Bewohner noch die der Tiere, die ihre Ahnen einst mitgebracht hatten, Schweine etwa oder Ratten.

Und ganz heiß umstritten ist, ob und wie sie technisch überhaupt dazu in der Lage waren, die endlosen Seewege zu bewältigen. Natürlich waren sie ausgezeichnete Seefahrer und Navigierer, aber sie hatten nur Kanus, und zunächst nur solche, die kein Segeln gegen den Wind erlaubten. Wie hätten sie mit denen ganz nach Osten, auf die Osterinseln, kommen sollen und wie nach Südwesten, nach Neuseeland? Einfach mit Meeresströmungen? Nein. Einfach vom Wind getrieben? Heute wäre das nicht möglich, die Winde blasen vom Osten, von der Osterinsel her, und vom Südwesten von Neuseeland.

Nach Neuseeland? Von 1140 bis 1260!

Also konnten sie doch schon früh gegen den Wind segeln? Dagegen spricht vieles, vor allem die Takelung, man braucht eine besondere, und die taucht in historischen und linguistischen Quellen erst spät auf. Aber sie war im Besiedlungszeitraum auch nicht nötig, damals gab es Zeitfenster, in denen die Winde „richtig“ bliesen. Zu diesem Befund kommt nun Ian Goodwin, Klimatologe der Macquarie University in Sydney (Pnas, 29.9.). Er hat das Paläoklima rekonstruiert und Klimaanomalien gefunden, die ein Erreichen der Inseln mit Segeln vor dem Wind ermöglichten, das Fenster für Neuseeland etwa war von 1140 bis 1260 offen.

Das passt in etwa zur Besiedlung Neuseelands, es passt nicht so gut zu einem auch in Pnas beschriebenen Fund, den Dildy Johns, Anthropologin der University of Auckland, ausgewertet hat. Es ist ein rarer Fund, ein Stück eines alten Kanus. Seine Konstruktionsweise deutet darauf hin, dass es von weit her und von Nordosten gekommen ist. Aber es machte erst um 1400 seine letzte Fahrt, Radiokarbondatierungen zeigen es, und da war das Zeitfenster schon lange wieder zu. Johns vermutet, dass sich späte Erben der Besiedler noch an die Bauweise erinnerten. (jl)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2014)

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