Zu Fuß den richtigen Weg finden

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Fußgänger kommen mit herkömmlichen Navigationssystemen nicht immer zurecht. Nun wird getestet, welche Änderungen für sie nötig sind.

Obwohl Fußgänger im Vergleich zu Autofahrern andere Wege benutzen, im Verkehr auf andere Hindernisse achten müssen und andere Reisezwecke verfolgen, werden sie in modernen Navigationssystemen kaum als eigene Nutzergruppe berücksichtigt.

Diesem Problem widmet sich seit Oktober 2014 eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von Cristina Olaverri-Monreal vom Austrian Institute of Technology (AIT). Im dreijährigen EU-Projekt Perron sollen die Anforderungen an ein Navi für Fußgänger untersucht und Prototypen für solche Systeme getestet werden.

Am Anfang stand die Erkenntnis, dass Fußgänger oft anderes von der Navigation erwarten als Autofahrer. „Sie suchen nicht immer nur die kürzeste Route von A nach B“, erklärt Olaverri-Monreal. Obwohl die Distanz ein wichtiger Faktor bleibe, müssten Gehwege auch sicher und komfortabel sein. Die genauen Anforderungen würden sich zudem von Mensch zu Mensch unterscheiden. „Eine körperlich eingeschränkte Person benötigt barrierefreie Wege. Für Touristen könnte es interessant sein, an möglichst vielen Sehenswürdigkeiten vorbeizukommen“, erläutert Olaverri-Monreal. Ein Navigationssystem kann sich nur bewähren, wenn es „user centered“, also von Beginn an mit den verschiedenen Nutzergruppen im Hinterkopf, designt wurde, ist sie überzeugt.

„Bei der großen Kirche rechts“

Die Wissenschaftler erforschen auch, welche Wegbeschreibungen für Fußgänger am besten verständlich sind. Momentan werde meist nur die Distanz oder die Anzahl der Querstraßen bis zum nächsten Navigationspunkt genannt. Dabei seien andere Angaben denkbar: „Wir untersuchen etwa, wie die Navigation anhand von großen Geschäften oder markanten Gebäudefassaden funktioniert.“

Sind die Anforderungsanalysen in diesen wichtigen Bereichen abgeschlossen, werden die einzelnen Komponenten eines Navi-Prototypen implementiert und getestet. Eine besonders interessante Aufgabe für die Software ist es, Punkte zu finden, an denen der Nutzer die Straße sicher überqueren kann. „Dazu muss unser Algorithmus unübersichtliche Kurven, Straßen mit Leitplanken oder Stellen mit übermäßiger Vegetation ausschließen“, erklärt Olaverri-Monreal. Die Forscher experimentieren dazu mit Kartendaten aus der freien Geodatenbank OpenStreetMap. Schließlich muss sich der Prototyp in der Endphase des vom Technologieministerium geförderten Projekts in Feldtests mit realen Nutzern in Wien und Magdeburg bewähren.

Die Erkenntnisse ließen sich auch auf andere Städte Europas anwenden, meint Olaverri-Monreal. In anderen Kulturkreisen könnte es hingegen andere Anforderungsprofile geben. Das Projekt bringt zwar selbst keine voll funktionsfähige Applikation hervor, schafft aber die Grundlage für Navigationssysteme, die besser auf die Bedürfnisse von Fußgängern eingehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2015)

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