Innovation und Krise: "Aristoteles war ein gescheiter Bursche"

Aristoteles Statue
Aristoteles Statue(c) AP (WINFRIED ROTHERMEL)
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Innovationen sind für den Ausweg aus der Krise notwendig, betonen Experten einhellig. Allerdings sind nicht nur technische, sondern auch soziale Innovationen notwendig.

„Ja. Selbstverständlich brauchen wird Innovationen, um aus der Krise zu kommen.“ Für Peter Skalicky, den Rektor der TU Wien, ist die Antwort auf die Frage des Abends klar. Zumindest auf den ersten Teil der Frage „Innovation als Krisenantwort – brauchen wir eine neue Moral?“, die am Donnerstagabend beim Talk Gate, einer Diskussionsreihe im Wiener Tech-Gate, gestellt wurde.

Freilich sei das Begriffspaar „Innovation“ und „Krise“ ambivalent, sagte der Philosoph Konrad Paul Liessmann, der die Diskussion leitete. Innovationen seien doch auch mitverantwortlich für die Krise, stellt er fest: Schließlich hätten die Banken vor einigen Jahren viele „innovative Produkte“ auf den Markt gebracht – die schließlich die Finanzkrise ausgelöst haben. Auf der anderen Seite tun Innovationen als Antwort auf die Krise auf jeden Fall not: und zwar nicht nur technische, sondern auch soziale Innovationen – also Neuerungen bei den Regeln, nach denen die Menschen ihr Zusammenleben organisieren.


Soziale Innovation. Hier hakte der Ökonom Stephan Schulmeister ein. „Es kommt auf die Kohärenz von technischen und sozialen Innovationen an. Die technischen Möglichkeiten sind ihrer sozialen Integration davongelaufen“, sagte er. Folglich müssten nun die sozialen Innovationen gegenüber den technischen wieder aufholen.

Ja, noch mehr: Im gesellschaftlichen Bereich habe es sogar eine Disinnovation gegeben, also einen Rückschritt. Konkret: einen Rückfall in das Weltbild der 1920er-Jahre, in denen die Märkte sich selbst überlassen worden seien. Was wiederum den vierten Diskutanten, Finanzstaatssekretär Peter Schieder, zu dem – durch und durch sozialdemokratischen – Satz veranlasste: „Die Weiterentwicklung der Gesellschaft wird oft durch das Handeln des Staates ausgelöst, nicht nur durch den Markt.“

Beim zweiten Teil der Fragestellung – ob man eine neue Moral als Antwort auf die Krise brauche – waren sich die Diskutanten völlig einig. Liessmann formulierte es so: „Wir brauchen keine neue Moral, sondern eine Moral.“ Und weiter: „Wenn ich lese, dass maßlose Gier eine der Ursachen der Krise war, und ich nun höre, dass man die Gier wieder zähmen müsse, dann erinnert mich das an die uralte Moral des Aristoteles: die Moral des rechten Maßes.“ Skalicky pflichtet sofort bei: „Aristoteles war ein gescheiter Bursche.“ ku

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2009)

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