Holz, geprüft im virtuellen Crashtest

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Themenbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mobilität.Steirisches Projektteam forscht, wie Esche, Buche, Birke im Autobau zum Einsatz kommen könnten.

Ein Vollholzauto? Das ist nicht die Vision von Thomas Jost und Ulrich Müller. Stattdessen arbeiten sie am gezielten Einsatz von Holzbauteilen im Mobilitätssektor. „Propeller von Kleinflugzeugen sind etwa aus Holz“, sagt Müller vom Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe der Boku Wien. Und geringes Gewicht könnte – bei weniger Spritverbrauch und CO2-Ausstoß – bald auch am Boden erstrebenswert sein. Unsere heutigen 1,6-Tonnen-Autos seien für die Langstrecke ideal, aber nicht im Stadtverkehr. „Wir sind dem Leichtbaugedanken verpflichtet“, so Jost, der am Grazer Virtual Vehicle Research Center forscht.

Die beiden Wissenschaftler starten im neuen Jahr am Weizer Energie-Innovationszentrum das K-Projekt „WoodC.A.R.“ (im Comet-Programm von Technologie- und Wissenschaftsministerium). Unterstützt werden sie dabei von TU Graz und Uni Graz, FH Joanneum und Unternehmenspartnern.

Das Projektthema beschäftigt Müller bereits seit 2013. Wie komplex Holz ist, erklärt er so: Abhängig z. B. von der Faserrichtung besitze es in alle drei Raumrichtungen unterschiedliche mechanische Eigenschaften. Das habe bisher auch seinen Einsatz im Automobilbau erschwert. Denn: Damit ein Werkstoff in der Designphase für ein Produkt in Betracht kommt, muss er am Computer simulierbar sein. Viele Parameter des Werkstoffes müssen bekannt sein, um diese später dem Werkstück, etwa einem Autobauteil, zuordnen zu können. Die Alternative ist nämlich teuer: „Ein Crashtest kostet zirka 120.000 Euro“, sagt Müller. Stattdessen werden solche Belastungen heute am Werkstoff getestet, zum Beispiel mit einem Schlagpendel, erklärt Jost: „Die Probe aus Holz wird eingespannt, ein Hammer fällt runter. Gemessen wird die Energie, die nötig ist, um die Probe zu zerstören.“

Die so getesteten Eigenschaften des Holzes werden in die Materialdatenbank eingespeist und in der Simulation einzelnen Bauteilen zugewiesen. Wie sie dann – etwa auch im Verbund mit anderen Werkstoffen – bei einem Zusammenstoß reagieren, errechnet das Computerprogramm: Der Crashtest passiert so auch nur virtuell.

Sonnenbetriebene Pistenraupe

Die Validität dieser Vorgangsweise für Holz wurde bereits in einer Vorstudie bewiesen. Nun geht es darum, das Potenzial des Werkstoffes auszuloten. Als virtuelles Modell wird demnächst ein Elektro-Pistenfahrzeug getestet, ein Sonnenenergie-betriebener Zweisitzer.

Natürlich stünden auch künstliche Werkstoffe zur Verfügung. „Die sind aber in Erzeugung, Verarbeitung und Entsorgung energieintensiv“, sagt Jost. Und: Die österreichische Holzwirtschaft brauche eine Alternative zu klassischen Produkten, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Forst- und Holzwirtschaft sind – nach dem Tourismus – der zweitwichtigste Wirtschaftszweig des Landes.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2016)

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