Mars-Mond wird bald Ring

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Phobos wird in 70 Millionen Jahren zerrissen, dann kreisen seine Trümmer um den Mars – und bilden einen neuen, kleineren Mond.

Als Gulliver auf seiner dritten Reise nach Laputia kam, traf er in der dortigen Akademie viele Gelehrte, darunter auch Astronomen. Die erzählten ihm, sie würden „zwei kleinere Sterne oder Satelliten kennen, die um den Mars laufen; davon ist der innerste vom Mittelpunkt des Planeten genau drei, der äußerste fünf seiner Durchmesser entfernt; ersterer vollendet seinen Umlauf in zehn, letzterer in einundzwanzigeinhalb Stunden“.

Das schrieb Swift 1726, kein Mensch wusste etwas von Marsmonden, entdeckt wurden sie 1877 – von Asaph Hall, er gab ihnen auch die Namen –, es waren zwei, und die laputischen Astronomen hatten sie staunenswert präzise beschrieben. Wer weiß, was sie noch erzählen hätten können: Der kleinere heißt nach einem Sohn des Mars Phobos – „Furcht“ –, er zieht in einem Abstand des 1,4-fachen seines Durchmessers (die Laputianer meinten: des Dreifachen) um seinen Vater, und in einer Umlaufzeit von 7,7 Stunden (10 Stunden). Sehr rund ist er nicht, und woraus er besteht, weiß man auch nicht genau, er ist vermutlich ein „Rubble Pile“, der durch einen Einschlag auf dem Mars entstanden ist und nur durch seine Gravitationskräfte zusammen gehalten wird.

Aber nicht nur Swift war prophetisch, Namensgeber Hall war es auch, wenngleich nicht ganz im gemeinten Sinn: Phobos verbreitet nicht nur Furcht, er hat selbst allen Grund dazu. Denn er nähert sich dem Mars immer mehr – er ist der einzige Mond, der das tut, alle anderen, unserer eingeschlossen, entfernen sich von ihren Planeten –, und er ist in einer Distanz, in der ihn die Gravitationskräfte des Mars langsam zerreißen.

Acht Millionen Jahre hält der Ring

In 70 Millionen Jahren ist es so weit – in kosmischen Zeiträumen also: bald –, Andrew Hesselbrock und David Minton (Purdue) haben es berechnet und durchgespielt, was dann passiert (Nature Geoscience 20. 3.): Der Mars wird acht Millionen Jahre lang einen Ring aus den Phobos-Trümmern haben, am Ende sind 80 Prozent auf den Planeten niedergegangen, rund um den Äquator. Und die restlichen 20 Prozent werden sich wieder zu einem Mond zusammen ballen.

Das könnte auch erklären, warum sich am heutigen Marsäquator seltsame Gesteine finden: Hesselbrock/Minton vermuten, dass auch der bzw. die Vorläufer von Phobos ein ähnliches Schicksal zu erleiden hatten: „Dieser Prozess hat sich wohl in der Geschichte des Mars schon mehrfach wiederholt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2017)

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