Steirische Breinwurst für Amerika

Steht in der Freizeit für die Forschung auch auf dem Acker: Patricia Bubner will die Hirse an die US-Westküste bringen.
Steht in der Freizeit für die Forschung auch auf dem Acker: Patricia Bubner will die Hirse an die US-Westküste bringen. (c) Alice Grancy
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Die Biochemikerin Patricia Bubner untersucht in Berkeley, USA, ob in Kalifornien Hirse gedeiht. Im Hauptberuf entwickelt sie Prozesse für die Medikamentenproduktion weiter.

Begonnen hat alles mit einer WG. Als Patricia Bubner nach ihrem Doktorat 2013 von Graz für die Forschung ins kalifornische Berkeley ging, zog sie mit der indischen Chemikerin Amrita Hazra zusammen. Die beiden jungen Frauen stellten bald fest, dass sie eine Sehnsucht verband: Beide vermissten Hirse in den Supermärkten und auf dem Speiseplan. „Die essen wir beide gern und haben uns gewundert, warum es sie hier nicht gab“, erzählt die Technische Chemikerin. „Das wollen wir ändern.“

Mit vom örtlichen Fleischhauer zubereiteter steirischer Breinwurst, Hirselaibchen in vegetarischen Burgern und guten Argumenten begeisterten sie Kollegen und Professoren für ihre Idee und starteten – in ihrer Freizeit – „The Millet (Hirse, engl.) Project“. In diesem testet das mittlerweile vierzehnköpfige Forscherteam, wie gut sich Hirse für den Anbau in Kalifornien eignet. Am vergangenen Samstag gewann Bubner mit ihrer Präsentation des Projekts einen von der Austria Marshall Plan Foundation und dem Netzwerk österreichischer Forscher in Nordamerika, Ascina, erstmals durchgeführten Posterwettbewerb.

Erste Erfolge auf dem Versuchsacker

„Das bringt uns in unserer Arbeit wieder einen Schritt weiter“, freut sich die 36-Jährige. Der Preis helfe, auch wenn die Universität Berkeley seit 2015 mit einer Seed-Förderung von 25.000 US-Dollar unterstützt. Seed bedeutet, wörtlich übersetzt, Saat. Damit sollen Forscher Unternehmensideen, die noch am Anfang stehen, nachhaltig wachsen lassen. In Bubners Fall buchstäblich: Für ihr Projekt führt sie Feldversuche durch. Die erste Aussaat hat sie selbst gemacht, gemeinsam mit ihrer Mutter, die gerade in den USA zu Besuch war. Auf fünf Ackerstreifen wachsen heute, jeweils unterschiedlich bewässert, verschiedene Hirsearten. Kalifornien ist heiß, es regnet wenig. Hirse sei sehr trockenheitstolerant, erzählt Bubner. Es gibt auch Versuche mit kalifornischen Bauern. Die Forscher interessiert, wie sich unterschiedliche Mikroklimata und verschiedene Böden auf das Wachstum auswirken. Etwa im Landesinneren, wo sich die Dürre ausbreitet und die Böden oft stark salzhaltig sind. Die afrikanische Perlhirse zeigte die beste Trockentoleranz. „Sie liefert selbst unter Bedingungen, unter denen es bei Mais schon einen kompletten Ernteausfall gegeben hätte, noch gute Erträge“, so Bubner. Hirse sei jedenfalls eine Nische mit großen Chancen, die wirtschaftlich und in Bezug auf die Bekanntheit abheben könne wie Quinoa, meint sie. Das benötigte Wissen kommt aus den unterschiedlichen Disziplinen der Teammitglieder, darunter auch drei Pflanzenbiologen. „Alle kommen von woanders, jeder hat einen anderen Bezug zu Hirse. Die Russen machen daraus Porridge, die Chinesen u. a. Schnaps“, erzählt Bubner. Alle forschen derzeit ehrenamtlich am Thema.

Bubner ging ursprünglich für eine Postdoc-Stelle in die USA. Sie forschte drei Jahre lang am Energy Biosciences Institute, einer gemeinsamen Forschungseinrichtung der University of California und dem Energiekonzern BP. Dort wollen Wissenschaftler die Herstellungsmethoden von Biotreibstoffen aus landwirtschaftlichen Abfällen wie Stroh oder Holz verbessern. „Es waren internationale Größen, deren Papers ich kannte, vor Ort“, berichtet Bubner. Seit Jänner arbeitet sie beim Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim in Fremont an der Verbesserung von Prozessen zur Arzneimittelherstellung.

Und was macht Amrita Hazra mittlerweile? Sie lehrt und forscht als Assistenzprofessorin im indischen Pune. Und treibt von dort aus die Hirseforschung weiter. Ihre Vision: ein gesunder Snack für indische Schulkinder. Dabei blockiert aber auch die Kultur: „Hirse gilt dort als Arme-Leute-Essen, auch wenn sie mehr Nähstoffe hat als Reis“, erklärt Bubner. Sie selbst will in den USA bleiben. Dass Forscher im Ausland bleiben, sieht sie nicht als Nachteil: „Ich bin Österreicherin und damit Aushängeschild und Anknüpfungspunkt für andere Österreicher“, sagt sie selbstbewusst. Ob sie in ihrer Freizeit neben dem „Millet Project“ noch andere Hobbys hat? Sie strahlt und erzählt von der Andalusierstute Frida, die seit drei Wochen ihr gehört. Geritten ist sie auch in Österreich immer. Und hatte als Trickreiterin sogar einmal einen Auftritt in Wien, wo sie rückwärts vom Pferd hängend durch die Stadthalle galoppierte.

ZUR PERSON

Patricia Bubner wurde 1981 in Graz geboren. Nach dem Doktorat der Technischen Physik ging sie mit einem Erwin-Schrödinger-Stipendium des Wissenschaftsfonds FWF an das Energy Biosciences Institute nach Berkeley, USA. In einer privat initiierten, aber mittlerweile von der Universität geförderten Forschungsinitiative testet sie mit einem interdisziplinären Team, welche Hirsesorten auf den trockenen Böden Kaliforniens gedeihen.

Alle Beiträge unter:diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2017)

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