Immunsystem der Haut enträtseln

 Iris Gratz wünscht sich mehr Zeit für die Arbeit im Labor. Die kommt durch die vielen Organisationsaufgaben der Projektleiterin mitunter zu kurz.
Iris Gratz wünscht sich mehr Zeit für die Arbeit im Labor. Die kommt durch die vielen Organisationsaufgaben der Projektleiterin mitunter zu kurz.(c) Wild + Team Fotoagentur GmbH
  • Drucken

Die Biologin Iris Gratz beschäftigt sich mit Helferzellen im Immunsystem der Haut. Die Erkenntnisse helfen nicht nur Schmetterlingskindern bei der Wundheilung.

Die Genetik hat es Iris Gratz angetan. Als sie im Biologieunterricht erstmals darüber lernte, stand ihr Berufswunsch fest. „Es war das Spannendste, das ich bis dahin gehört hatte“, erzählt die gebürtige Oberösterreicherin. Das Blitzen in ihren Augen verrät, dass diese Faszination für die Bausteine des Lebens bis heute nicht nachgelassen hat. Die junge Biologin hat kürzlich einen Haupttreffer gelandet: Sie konnte ein vom US-amerikanischen National Institute of Health hoch dotiertes Forschungsprojekt nach Salzburg holen.

Gemeinsam mit amerikanischen Partnern beschäftigt sie sich dabei mit der Entschlüsselung des Immunsystems der Haut. Ihr spezielles Interesse gilt Helferzellen. Diese besser zu verstehen, könnte dazu beitragen, Fortschritte bei der Heilung von Wunden oder von Hautkrebs zu erzielen. Ein Nischenfeld, wie sie sagt: „Lange Zeit stand das Blut im Fokus der Immunologen. Dass auch das Hautgewebe ein hoch spezialisiertes Immunsystem hat, ist noch eine relativ junge Erkenntnis.“

Auch Diabetiker sollen profitieren

Interessant ist das beispielsweise für Menschen, die an Epidermolysis bullosa (EB) leiden. Bei den sogenannten Schmetterlingskindern ist die Haut so verletzlich, dass schon leichte Berührungen zu Blasen und offenen Wunden führen. Die Haut ist so empfindlich wie der Flügel eines Schmetterlings. Die Forschungsarbeit von Gratz und ihrem Team gibt nicht nur Schmetterlingskindern Hoffnung. Sie könnte generell bei offenen und schlecht heilenden Wunden durch Diabetes oder beim Wundliegen Fortschritte bringen.

Das Immunsystem der Haut interessiert Gratz schon lange. „Die Haut ist ein spannendes Organ. Sie ist jene Schicht, die uns von der Außenwelt trennt. Sie ist in ihrer immunologischen Zusammensetzung einzigartig“, erzählt die Wissenschaftlerin. „Es gibt Immunzellen, die es nur in der Haut gibt. Sie sind hoch spezialisiert.“ Und es ist ein Gebiet, in dem noch viele Fragen offen sind. „Die Haut wird in ihrer Bedeutung für das Immunsystem immer noch oft unterschätzt“, meint Gratz.

Sowohl in der Diplomarbeit als auch der Dissertation beschäftigte sie sich schon mit dem Immunsystem. Weil sie danach etwas stärker Anwendungsorientiertes machen wollte, arbeitete sie am EB-Haus Austria in Salzburg in der Forschung mit. Ein Erwin-Schrödinger-Stipendium des Wissenschaftsfonds FWF führte sie an die University of California, San Francisco. Im Jahr 2014 kehrte sie an die Universität Salzburg zurück, die Zusammenarbeit mit den Amerikanern in Sachen T-Helfer-Zellen riss aber nicht ab. Ganz im Gegenteil: In den nächsten fünf Jahren soll die Wirkung dieser Zellen auf die Wundheilung gemeinsam genauer erforscht werden. Während der amerikanische Partner die Expertise im Bereich Immunologie einbringt und sich auf die Charakterisierung der Helferzellen konzentriert, spezialisieren sich die Salzburger auf die Haut und deren Kommunikation mit den Immunzellen. Das gemeinsame Forschungsprojekt ist auf fünf Jahre mit 2,5 Millionen US-Dollar dotiert, rund ein Drittel davon geht nach Salzburg.

Botenstoffe locken Immunzellen an

Mittlerweile weiß man, dass es eine spezielle Helferzellenpopulation in der Haut gibt. Doch die Frage, was genau ihre Funktion ist und ob man sie für die Wundheilung gezielt nutzen kann, steht im Zentrum der Forschungsarbeit. So produzieren diese Zellen unter anderem Botenstoffe, die andere Immunzellen gezielt in die Haut locken, die wiederum antimikrobielle Wirkung haben können. Die Helferzellen könnten aber auch die Phasen der Wundheilung – von der entzündlichen Reaktion zur Reinigung der Wunde bis hin zur Bildung von Narbengewebe und Oberhaut – steuern, glaubt Gratz. „Wir wissen, was die Helferzellen machen können. Dass sie das auch wirklich machen, wollen wir im Labor zeigen.“ Gearbeitet wird dabei nur mit menschlichen Zellen.

Der Forschung will Gratz auch in Zukunft treu bleiben. Sie arbeitet gerade an ihrer Habilitation. Nur eines vermisst sie als Leiterin eines so großen Forschungsprojekts: Die vielen Koordinations- und Verwaltungstätigkeiten lassen das handwerkliche Arbeiten im Labor etwas zu kurz kommen.

ZUR PERSON

Iris Gratz (40) studierte an der Uni Salzburg Biologie und ging danach nach Irland zu einem Industrieunternehmen. Nach der Dissertation zum Thema Immunsystem forschte sie im EB-Haus Austria für die „Schmetterlingskinder“, danach mit einem Erwin-Schrödinger-Stipendium in den USA. 2014 kehrte die gebürtige Oberösterreicherin an die Universität Salzburg zurück. In ihrer Freizeit ist sie viel mit dem Mountainbike unterwegs.

Alle Beiträge unter:diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.